Mit seinem Dokumentarfilm „Die Unbeugsamen“ erinnerte Regisseur Torsten Körner an wichtige Politikerinnen der Bonner Republik und ihre emanzipatorische Arbeit. Mit erstaunlichem Erfolg: Rund 200.000 Zuschauer sahen den Film in den Kinos. Nun ist mit „Die Unbeugsamen II – Guten Morgen, ihr Schönen“ der Osten dran: Frauen, die in der DDR aufgewachsen sind und dort gearbeitet haben, berichten von ihrem Alltag im Sozialismus.
Gut kommt der dabei nicht immer weg: Man habe die Kraft der Frauen für die Wirtschaft gebraucht, aber nicht auf der politischen Ebene, sagt Barbara Mädler, ehemals Regieassistentin der Filmgesellschaft DEFA. Leitende Positionen in der Wirtschaft seien auch im Osten schwer zu erreichen gewesen. Dennoch gab es Frauen, die hohe Positionen innehatten. Die ehemalige Oberbürgermeisterin von Potsdam, Brunhilde Hanke, berichtet aus ihrem Arbeitsalltag in den 1970er- und 1980er-Jahren.
In der Regel galt aber: Mutter arbeitet in der Kaufhalle und kümmert sich dann ums Abendbrot. „80 Prozent der Hausarbeit haben Frauen gemacht“, sagt die Musikerin Tina Powileit. Die Schriftstellerin Irmtraud Morgner erfand dafür den Terminus „die zweite Schicht“. Fazit: Hexerei war fest im Alltag integriert.
Powileit spricht auch von schweren Misshandlungen während ihrer Ehe – kein Einzelfall: Selbst in DDR-Fernsehfilmen, das zeigen Archiv-Ausschnitte, hat die Gewalt der Ehemänner ihren festen Platz.
Malerin Annemirl Bauer hat die Frauen-Verhältnisse in ihrem berühmten Bild „Madonna vom Prenzlauer Berg“ verewigt: Die Heilige trägt Blaumann und Baby. Das Bild sei in einer Wohnung mit nassen Wänden entstanden, berichtet ihre Tochter Amrei. Die Malerin zum Thema Emanzipation als Daueraufgabe: „Frauen, wenn wir heute nichts tun, leben wir morgen wie vorgestern.“
Ohne Widerspruch nahmen auch die Frauen in der DDR ihre gesellschaftliche Situation nicht hin, aus Frust konnte durchaus Protest werden. Die Mauer fand Bauer en passant „überflüssig und überholt“. Noch mal Morgner: „Emanzipierte Frauen sind alle potentielle Dissidenten.“ Und nach der Wende? „Haushalt, Familie – das ist der Westen?“, fragt sich manche der Protagonistinnen in der Rückschau. Es konnte durchaus sein, dass hart erkämpfte Positionen über Nacht nichts mehr wert waren.
Die 15 Frauen, die hier erzählen, haben sich trotzdem irgendwie zurechtgefunden. Körner will ihren Lebensleistungen gerecht werden und ihren Kampf um Chancengleichheit würdigen. Dies gelingt ihm auf interessante und enorm kurzweilig Weise. Sein Dokumentarfilm über die Frauen des Ostens ist sehr gut komponiert und mit seltenen Archivaufnahmen belegt. Man hätte sich nur gern gewünscht, dass der Name der Sprecherinnen jedes Mal eingeblendet würde, zu schnell verliert man den Überblick.
Diese Kritik erschien zuerst am 20.08.2024 auf: links-bewegt.de
Hier gibt es ein Interview mit Regisseur Torsten Körner.