Sie hat es schwer, die heterosexuelle, weiße Liebe. Er Milliardär, sie als Hilfsverlegerin. Christian Grey (Jamie Dornan), der 27-jährige Geldsack aus dem beliebten Soft-SM-Sex-Buch „Fifty Shades of Grey“, und Hauptfigur Ana Steele (Dakota Johnson) gehen auch im Kino in die zweite Runde.
Die zweite Verfilmung der Reihe („Gefährliche Liebe“) beginnt langsam, und erklärt recht ausführlich den ersten Teil. ER hat SIE in die Folterkammer mitgenommen, das war schockierend. Sie will trotzdem wieder hin, aber wie Frau Dr. Sommer in der „Bravo“ muss sie dem besitzergreifenden jungen Mann klarmachen: Haue ist okay, aber bitte freiwillig.
Es dominiert die Missionarsstellung. Ana ringt um ihre Autonomie, im Job wie auf dem Streckbett. Auch auf Arbeit herrscht gediegene Langeweile: Die junge Frau von heute will es als Verlagsassistentin allein schaffen. Aber als Christian den übergriffigen Chef entsorgt, ist sie auch nicht so richtig böse. Denn sie hat sich erfolgreich hochgeschlafen. Mit Manuela-Schwesig-Gleichstellungspolitik fährst du in „Fifty Shades of Grey“ nicht gerade auf der Überholspur.
Wie wohnt man eigentlich, wenn man „24.000 Dollar in der Viertelstunde“ (Christian) verdient? Es gibt einen Swimming Pool mit Blumen und eine Dusche zum Gevögeltwerden. Liebe ist eine saubere Sache. Freitreppen, polierte Flächen, bodentiefe Fenster, traumahafte Küchenpsychologie.
Und natürlich genügend Personal für die Drecksarbeit. Denn fehlen darf nicht, wir sind im Märchen, die böse Hexe, die alles kaputt machen will und auch noch aussieht wie eine gebotoxte Kim Basinger. Nein, sie ist es sogar. Bei ihr hat es bekanntlich nur 9½ Wochen gehalten. „Sie haben es doch nur auf sein Geld abgesehen“, intrigiert die ältere, die abgelegte, die enttäuschte Rivalin.
Gut, dass Basinger uns an die Wertschöpfungketten erinnert! „Fifty Shades of Grey – Gefährliche Liebe“ ist ja irgendwie, der Name sagt es schon, ein Film aus den Fifties. Im Nachkriegskino haben sie immer ein Lied auf den gelungenen Kapitalismus gesungen, jetzt muss Ana alle zehn Minuten ran, um es zu stöhnen. Tu mir weh, aber lass es freiwillig aussehen: der immer gleiche Song über unsere Welt, wie diese sich selber sieht.
Wenigstens fehlt die eine Phrase aus dem Buch, die so oft wiederholt wird, dass sie den Roman 50 Seiten länger macht: Ana beißt sich nicht mehr auf die Unterlippe. Da ist jetzt Lippenstift drauf. In Teil 3 reden wir dann über Kinder. Liebe? Voll gefährlich!
Dieser Text ist zuerst erschienen in: Jungle World