Um einen geliebten Menschen zu trauern, mag zunächst als innerlicher Prozess erscheinen, eine Aushandlung des Verlustes mit sich selbst. Den Verlust nach außen zu kehren und in Gemeinschaft zu trauern, ist ebenso wichtig, um dem Tod einer*s Nahestehenden Sichtbarkeit zu verleihen. Diese öffentliche Wertschätzung eines verlorenen Lebens ist nicht nur dann politisch, wenn um staatstragende oder ikonische Persönlichkeiten getrauert wird, sondern gerade in marginalisierten Gemeinschaften, deren Leben im öffentlichen Diskurs ungleich weniger wert sind.
„T“ porträtiert drei Trauernde einer afroamerikanischen Community in Miami, die ihrem Verlust mit extravaganten Kostümen und großflächig bedruckten T-Shirts Ausdruck verleihen. Jungsgesichter, oft nicht älter als zwanzig Jahre, prangen darauf neben verschnörkelten R.I.P.-Schriftzügen. Auf dem jährlichen T-Ball wird ihnen mit Tanzperformances und Kostümen in einer Form gedacht, die aus der Ballroomszene stammt und ihrerseits seit den 1920er Jahren für eine Sichtbarkeit der schwarzen LGBTQI*-Community einsteht.
Jedoch versteht sich Keisha Rae Witherspoons Film nicht als Porträtfilm. Die einzelnen Schicksale bleiben im Unklaren, wie auch der Ball selbst nur bruchstückhaft Eingang in den Film findet. In teils assoziativen Bildern ergründet „T“ die komplizierten Verstrickungen von individueller und gemeinschaftlicher Trauer, von gewollter Sichtbarkeit und privaten Rückzugsräumen.
Dimples, eine ältere Dame, die für ihren verstorbenen Sohn einen silbernen Hosenanzug mit Flügeln aus zerschnittenen Chipstüten näht, zeigt diesen Widerspruch am deutlichsten. Voller Stolz präsentiert sie seine Kunst, lässt sich beim Nähen über die Schulter schauen. Doch in einen Raum darf das Filmteam – von Witherspoon als solches herausgestellt – nicht. Zumindest nicht über die Schwelle. Dimples sitzt dort in verhangenem Licht, neben ihr ein junger Mann, der bereits wie eingefroren dort sitzt als sie den Raum betritt. „I know you can’t see him, but for me he is there“, sagt sie quer durch den Raum zur Kamera gerichtet.
Durch solche Momente der Inszenierung und der assoziativen Bilder – etwa von Blutkreisläufen und Galaxien – gerät „T“ zur Reflexion über die Möglichkeiten der Sichtbarmachung. Die zweite Porträtierte, Tahir, verlor ihre Zwillingsschwester und ist lediglich als Voice-Over einer computergenerierten Stimme zu hören, während Stills ihrer Schwester durchmischt mit monochromen Farbtafeln das Bild füllen. Ash, der als leidenschaftlicher Gärtner eingeführt wird, wechselt ebenfalls seine Position, so scheint es. Nachdem es keine Pflanzen mehr zu präsentieren gibt, fragt er schließlich mit versteinerter Miene in die Kamera: „What y’all wanna see?“, und ermahnt seinen Kollegen, nichts über die Verstorbenen preiszugeben.
Aus den Widersprüchen von gemeinschaftlicher und individueller Trauer ergibt sich die Frage, was denn nun zu zeigen sei. Witherspoons Film stellt diese Problematik aus, versucht sich in Lösungen, greift nach Assoziationen und findet letztlich darin zu seiner Stärke. Mehr als Homestories von Betroffenen oder der beobachtende Blick auf die schrille Gala des T-Balls, wirkt jene freie Collage. Nicht zuletzt ist der ‚klassische‘ dokumentarische Blick auf marginalisierte Communities meist von einem weißen, mindestens aber institutionalisierten Blick geprägt.
„T“ ersetzt diesen Blick nicht, markiert sich auch nicht einer Seite absolut zugehörig. Der Film eröffnet einen Diskurs über die Komplexität der Trauer und darin die Sichtbarkeit der zu früh verstorbenen afroamerikanischen Jugendlichen, ohne dabei Statistiken über Drogennutzung oder Waffen- und Polizeigewalt zitieren zu müssen. In der Verweigerungshaltung bleibt einiges ungesagt, aber trotzdem spürbar. Die Form sei hingegen nachgeordnet zu behandeln, wie Witherspoon einen Jungen als Witz in die Kamera sagen lässt: „The inner reality creates the outside form…there’s no punchline, bitch.“