Das Schlafgemach des jungen Thronfolgers ist in Dunkelheit getaucht. Dicke Teppiche und schwere Vorhänge dämpfen die Geräusche des Lebens. Einsamkeit erfüllt den leeren, kalten Raum. Als der 12-jährige Ludwig XV. (Igor van Dessel) 1722 nach Versailles zurückkehrt, ist sein Urgroßvater der „Sonnenkönig“, sind sein Großvater, seine Eltern und sein Bruder bereits gestorben. Das schwere Erbe der Ahnen, die Last der politischen Verantwortung und der Verlust der Kindheit mischen sich in die Trauer des melancholischen Junge.
Jetzt soll der selbstbewusste, aber zögerliche Ludwig das Land befrieden, das sich seit vielen Jahren in einem verlustreichen Krieg mit Spanien befindet. Das Machtkalkül des französischen Regenten Philipp von Orléans (Olivier Gourmet) sieht deshalb vor, dass der zukünftige König mit der erst 4-jährigen Maria Anna Victoria (Juliane Lepoureau), Tochter des spanischen Königs Philipp V. (Lambert Wilson), verheiratet werden soll.
In Marc Dugains düster gestimmtem, oft nur von Kerzenlicht erhelltem Historienfilm „Ein königlicher Tausch“, der auf dem gleichnamigen Roman der Historikerin Chantal Thomas basiert, ist der politische Deal aber erst komplett, wenn auch Philipps 14-jähriger Sohn Luis (Kacey Mottet Klein) mit der Tochter des Regenten vermählt wird. Allerdings ist die 12-jährige Louise Elisabeth (Anamaria Vartolomei), ein ziemlich widerspenstiges, unwilliges Mädchen, das seine Heimat nicht gegen die erwartbare Langeweile der Fremde tauschen möchte. Unterwegs zur „Fasaneninsel“, wo der „Prinzessinnentausch“ vollzogen werden soll, und inmitten grassierender Seuchen, die man mit der Kutsche „umfahren“ will, sagt die Teenagerin mit provozierendem Unterton: „Ich bevorzuge, zu leben.“
Der französische Schriftsteller und Regisseur Marc Dugain thematisiert in seinem visuell eindrucksvoll gestalteten Film die verlorene, politisch instrumentalisierte Kindheit seiner jungen, lebens- und liebesbedürftigen Helden inmitten des Todes. Trotz der aufgezwungenen Lasten fügen sie sich mit würde in ihr jeweiliges Schicksal, das, so sagt es einmal der fromme spanische König, keinen Unterschied kennt zwischen Leben und Tod. Gefangen und in ihrem Handeln determiniert durch vielfache Verwandtschaftsbeziehungen, zeigt Dugains schwermütiger Film darüber hinaus die unheilvollen Vorzeichen einer dem Untergang geweihten Aristokratie.