Beim Blick über Manhattan und das bunte Treiben in New York ragen die Twin Towers kurz ins Bild. Bald darauf sind es Videokassetten, Fernsehwerbung, der Musiksender MTV und das Teletennis Pong, die darauf hinweisen, dass Pablo Bergers nostalgisch getönter Animationsfilm „Robot Dreams“ in den 1980er Jahren spielt. Vom bläulichen Licht des Fernsehbildschirms beleuchtet, sitzt der Hund Dog Varon allein, einsam und traurig in seinem geräumigen Apartment, um sich durch die Programme zu zappen oder gegen sich selbst Pong zu spielen, während er auf sein eigenes Spiegelbild blickt. Plakate von Pierre Etaix‘ Filmkomödie „Yogo“ und von Pink Floyds legendärem Cover zur Platte „The dark side of the moon“ zieren die Wände. Wenn Dog wieder einmal trübselig vor seinem Makkaroni-Fertiggericht sitzt, beobachtet er sehnsüchtig seine geselligen Nachbarn gegenüber. Dog ist ein schüchterner, einsamer Hund, dem es an echten Beziehungen mangelt.
Das ändert sich, als er in der TV-Werbung auf ein Angebot der Firma „Amica 2000“ aufmerksam wird, die Roboter als liebevolle Freunde und Wegbegleiter annonciert. Kurzerhand bestellt Dog einen Bausatz, schraubt das kantige Wesen mit Hilfe einer Anleitung und unter den neugierigen Blicken einiger Tauben zusammen und erweckt es schließlich zum Leben. Plötzlich erstrahlt die Welt in neuen Farben und Dog erlebt mit seinem frischgebackenen Freund Robo einen bezaubernden Sommer voller Unbeschwertheit, Freude und neuer Eindrücke. Gemeinsam durchstreifen sie die verschiedenen Stadtviertel des multikulturellen Melting Pot mit seinen Subkulturen und Straßenkünstlern. Dogs bislang trister Alltag verwandelt sich in ein fröhliches Abenteuer, zu dessen vorläufigem Höhepunkt schließlich ein gemeinsames Rollschuhballett mit Robo zum leitmotivisch eingesetzten Song „September“ von Earth, Wind & Fire wird. Schließlich landen die beiden Freunde kurz vor Saisonende im Strand- und Vergnügungspark von Coney Island, wo sie die Zeit vergessen und eine schmerzliche Trennung erleben.
Pablo Bergers wunderschöner, von tiefer Menschlichkeit getragener Animationsfilm „Robot Dreams“, der auf der gleichnamigen Graphic Novel von Sara Varon basiert, ist eine melancholische Reflexion über Freundschaft und die Vergänglichkeit von Beziehungen. Dabei kommen die fantasievoll gezeichneten und animierten Tier-Figuren, die menschlich fühlen, denken und handeln, ganz ohne Dialoge aus und evozieren im Verbund mit rein filmischen Mitteln die visuelle Poesie des Stummfilms. Klare Linien, flächige Farbigkeit und eine große, mit vielen Details angereicherte Schärfentiefe befördern und verstärken diese reine Form des Kinos, das „Robot Dreams“ zum sinnlichen, emotional bewegenden Erlebnis ebenso für Kinder wie für Erwachsene macht. Musik und Sounddesign spielen dabei eine wesentliche Rolle. Immer wieder erzählt der Film, der auch eine liebevolle Hommage an New York ist, zugleich Robos Wunschträume von einer anderen, vielleicht besseren Wirklichkeit. Doch in „Robot Dreams“ sucht und findet das Leben seine eigenen, verschlungenen Wege zu einem anderen, unerwarteten Glück.