Green Border

(PL/FR/CZ/BE 2023; Regie: Agnieszka Holland)

Europäische Grenzwerte

Soziale Stoffe gehören zur Grundausstattung der Filme der polnischen Regisseurin Agnieszka Holland. Auch in ihrem neuen und viel diskutierten Werk „Green Border“ ist dies nicht anders. Es geht um das Schicksal von Geflüchteten, die im Grenzgebiet zwischen Polen – Außenposten der Europäischen Union – und Belarus stecken bleiben.

Menschen werden aus Syrien nach Belarus freundlich eingeflogen, mit dem Versprechen, in die Europäische Union zu gelangen: Die weißrussische Regierung sieht darin die Möglichkeit, der Union Druck zu machen gegen die Sanktionen der EU. Der Gründe sind noch viele, warum sich Menschen dort wiederfinden. Amina und Bashir, ein Paar aus Syrien, ist mit den Angehörigen eingeflogen. Versprochen wurde ihnen der Transport zu polnischen Grenze, die Gruppe will dann weiter nach Schweden zu Verwandten reisen. In ihrem bürgerkriegszerrütteten Herkunftsland haben sie vieles verloren, sie sehen dort keine Zukunft mehr.

Die Grenzer karren sie samt unhandlichem Gepäck und schlechter Ausrüstung bei übler Witterung in ein dunkles Waldstück. Aber so grün, dass sie nicht gesichert wäre, ist diese Grenze nicht: Auf der polnischen Seite warten Soldaten, die die Ankommenden flugs wieder zurücktreiben. Wie Amina und Bashir stecken nun viele in dem Wald fest. Die Situation wird zunehmend gefährlich, Wasser und Nahrung hat die Gruppe kaum. Mal werden sie festgenommen und woanders wieder ausgesetzt – werden zurückgeschickt und wieder zurückgeschickt.

In neun Kapiteln erzählt Holland in düsteren Graustufen von ihrem Schicksal. Durchbrochen wird die Erzählung durch die Einführung anderer Figuren und ihrer Lebensumstände. Menschen, die im Grenzgebiet wohnen, und immer wieder Nahrungsmittel an Geflüchtete verkaufen, Grenzschützer, die sich gerade ihr Einfamilienhaus bauen, tags wie nachts Geflüchtete zurückweisen und oft ebenfalls von den Ereignissen überrollt werden. Es gibt jedoch auch ausgemachte Sadisten unter dem Personal. Die Flüchtlinge sehen sich mit Morddrohungen und Folter konfrontiert.

„Green Border“ ist ein Streifen, der das Publikum traurig macht, machen soll; zielt auf das Hervorrufen von Emotionen ab, will zur Debatte anregen. Streng komponiert wie eine Dokumentation, die Anklage führt gegen die herrschenden bürokratischen und politischen Verhältnisse. Das Grün dieser Grenze ist keines der Hoffnung.

Diese Kritik erschien zuerst am 29.01.2024 auf: links-bewegt.de

Green Border
(Zielona granica)
Polen, Frankreich, Tschechien, Belgien 2023 - 152 min.
Regie: Agnieszka Holland - Drehbuch: Maciej Pisuk, Gabriela Łazarkiewicz-Sieczko, Agnieszka Holland - Produktion: Marcin Wierzchosłąwski, Fred Bernstein, Agnieszka Holland - Bildgestaltung: Tomek Naumiuk - Montage: Pavel Hrdlička - Musik: Frédéric Vercheval - Verleih: Piffl Medien - Besetzung: Jalal Altawil, Maja Ostaszewska, Behi Djanati Atai, Mohamad Al Rashi, Dalia Naous, Tomasz Włosok
Kinostart (D): 01.02.2024

IMDB-Link: https://www.imdb.com/title/tt27722543/
Foto: © Piffl Medien