Sieben Winter in Teheran

(D/FR 2023; Regie: Steffi Niderzoll)

In der Todeszelle

„Jin, Jiyan, Azadî“ – Frau, Leben, Freiheit – lautet ein kurdischer Slogan, der von der iranischen Protestbewegung übernommen wurde. Wenn Frauen nicht frei sind, ist es niemand. Wie eng die Begriffe miteinander verwoben sind, dafür steht auch der Fall der Studentin Reyhaneh Jabbari: Im Jahr 2007 hatte sie in Notwehr einen Mann getötet, der sie vergewaltigen wollte. Ein Gericht verurteilte sie daraufhin zur Hinrichtung am Galgen. Die Familie des Toten hätte sie verschonen können, aber entschied nach iranischem Recht, dass das Todesurteil an ihr vollstreckt werden soll.

Sieben Jahre saß die junge Frau in der Todeszelle eines Teheraner Gefängnisses. Ihre Familie kämpfte um ihr Leben, bis sie selbst unter Druck der Behörden geriet. Die Mutter Shole Pakravan emigrierte nach Deutschland, ihre beiden anderen Töchter ebenfalls, dem Vater Fereydoon Jabbari wird bis heute die Ausreise verweigert.

Trotz weltweiter Kampagnen, in deren Verlauf sich unter anderem die Vereinten Nationen für Reyhaneh Jabbari einsetzten und 200.000 Menschen eine entsprechende Petition zur Aufhebung des Todesurteils unterzeichneten, wurde sie hingerichtet. Dabei wies der Prozess einige Unregelmäßigkeiten auf: Verweigerung eines Rechtsbeistandes, Unterschlagung von Beweismaterial, Auswechslung des Richters.

Nun rollt Regisseurin Steffi Niederzoll den Fall noch einmal auf. In ihrem hochaktuellen Dokumentarfilmdebüt „Sieben Winter in Teheran“ berichtet sie anhand von unveröffentlichtem Filmmaterial aus dem Kreise der Familie wie auch einer Filmemachergruppe aus Teheran vom Schicksal Jabbaris. Aus ihren Briefen wird rezitiert, Mitgefangene kommen zu Wort. Ein wichtiger Film – und nichts für schwache Nerven, da mit zum Teil mit drastischen Szenen: etwa wenn die Mutter von ihrer Tochter am Telefon erfährt, dass sie nun zur Hinrichtung abtransportiert wird.

Im Interview mit Pakravan, die seit Jahren als prominente Kämpferin gegen die Todesstrafe agiert, werden Parallelen zwischen dem Gerichtsverfahren damals und den vielen gegenwärtigen Prozessen im Iran gezogen. Hunderte Menschen, die an den Protesten gegen die iranische Regierung im Zuge der Tötung von Jina Mahsa Amini teilnahmen – einer jungen Frau, die im letzten Jahr zunächst wegen Verstoß gegen das Hijab-Gesetz festgenommen wurde und dann auf einer Polizeistation zu Tode kam –, wurden ebenfalls mit der Höchststrafe belegt und exekutiert.

Diese Kritik erschien zuerst am 14.09.2023 auf: links-bewegt.de

Sieben Winter in Teheran
Deutschland, Frankreich 2023 - 97 min.
Regie: Steffi Niderzoll - Drehbuch: Steffi Niederzoll - Produktion: Melanie Andernach, Knut Losen - Bildgestaltung: Julia Daschner - Montage: Nicole Kortlüke - Musik: Flemming Nordkrog - Verleih: Little Dream Pictures - FSK: ab 16 - Besetzung: -
Kinostart (D): 14.09.2023

IMDB-Link: https://m.imdb.com/title/tt26188684/
Foto: © Little Dream Pictures