Sara Mardini ist Flüchtlingshelferin, sie selbst ist 2015 mit ihrer Schwester Yusra aus Syrien geflohen. Spektakulär war die Überfahrt nach Griechenland, deren Umstände die beiden berühmt machen sollte: Gemeinsam springen die Schwestern nach Ausfall des Schiffsmotors ins Wasser, ziehen das Schlauchboot drei Stunden lang.
Die Rettungstat kommt nicht von ungefähr: Sara und Yusra stammen aus einer Familie von Sportler*innen in Syrien. Beide sind Leistungsschwimmerinnen. Yusra nimmt bald in einem Geflüchteten-Team an den Olympischen Spielen teil.
Bei Sara hinterlässt die Flucht andere Spuren. Sie engagiert sich im griechischen Flüchtlingslager Moria auf der Insel Lesbos und betreibt aktiv Fluchthilfe. Menschen, die das gleiche Schicksal haben wie sie, muss man unterstützen, sagt sie. Das kann kein Verbrechen sein. Die griechischen Behörden sehen das anders. Im Jahr 2018 wird sie von der Polizei verhaftet. Sie sitzt in Untersuchungshaft, der Vorwurf: Schleusertätigkeit, Geldwäsche und Betrug und Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung. Mit ihr sind 23 weitere Menschen angeklagt, darunter der Rettungsschwimmer Seán Binder.
Im Verfahren werden viele Mängel in der Anklageerhebung und in der Prozessführung offenbar. Unter anderem, weil ein Anwalt angeklagt wird, müssen die Fälle vor einem übergeordneten Gericht verhandelt werden. Bald werden geringere Anklagepunkte auch fallengelassen. Bestehen bleibt jedoch der Verdacht, schwere Straftaten begangen zu haben. Seit Beginn dieses Jahres wird verhandelt. Kurioserweise darf Mardini nicht vor Gericht erscheinen, die griechischen Behörden haben sie ausgewiesen. Mardini und ihre Familie leben mittlerweile in Deutschland.
Regisseurin Charly Wai Feldman erzählt die Geschichte der beiden Schwestern in ihrem facettenreichen Dokumentarfilm „Gegen den Strom“ nach. Vier Jahre hat sie Sara begleitet. Neben ausführlichen Interviews, in denen die Schwestern und viele weitere Protagonisten der Flüchtlingshilfe zu Wort kommen, beleuchtet der sehenswerte Film die Situation auf den Fluchtrouten Europas.
Diese Kritik erschien zuerst am 21.03.2023 auf: links-bewegt.de