Der kurze Zeitraum von der Präsidentschaftswahl 2008 bis zum erbitterten Tauziehen im Kongress um Obamas Gesundheitsreform wird wohl für längere Zeit die letzte Phase amerikanischer Politik gewesen sein, die von so etwas wie Aufbruchsstimmung und Optimismus geprägt war. Den Normalzustand beschreibt George Clooneys Politdrama „Tage des Verrats“, dessen Originaltitel „Ides of March“ gleich noch eine historische Referenzgröße ins Spiel bringt. An den Iden des März im Jahr 44 AD wurde Julius Caesar von einer Gruppe Verschwörer im römischen Senat ermordet. Um politische Ränkespiele und machthungrige Ziehkinder geht es auch in „Tage des Verrats“. Clooney selbst spielt den demokratischen Präsidentschaftskanididaten Mike Morris, der mit einem Sieg in den entscheidenen Ohio-Vorwahlen die Weichen für seine zukünftige Präsidentschaft stellen will.
Zwar ist Politprofi Morrris die zentrale Figur, um die sich alle Interessenkonflikte anlagern, doch im Mittelpunkt des Films steht sein aufstrebender Pressesprecher Stephen (Ryan Gosling in einer Paraderolle). Gosling verkörpert Morris’ jüngeres Alter Ego: strahlend, charmant, einnehmend und mit einem grenzenlosen Idealismus ausgestattet. Stephen steht eine glänzende Zukunft in Aussicht. „Tage des Verrats“ zeichnet seinen rasanten Aufstieg über einen Verlauf von nur wenigen Tagen nach, doch unbeschädigt wird am Ende niemand aus der Geschichte hervorgehen.
Man merkt dem Film seine Theaterherkunft deutlich an. Wie schon im Kammerspiel „Good Night and Good Luck“ dominieren auch in „Tage des Verrats“ Close-Ups und Dialoge. Clooney hat ein grandioses Ensemble an Charaktergesichter um sich versammelt: Philip Seymour Hoffman spielt Morris’ Berater, ein Politschlachtross der alten Schule, Paul Giamatti den zwielichtigen Berater von Morris’ Widersacher, Marisa Tomei die knallharte Journalistin und Jeffrey Wright einen Senator, von dessen Zuspruch die Wahlentscheidung maßgeblich abhängt. Es ist eine brisante Konstellation, eine heruntergekochte Version von „West Wing“ – die jedoch kaum Platz für Politik lässt. Clooney kritisiert in erster Linie ihre Performanz. Das ist mitunter scharf beobachtet, und verfehlt doch den Kern der Problematik. Denn das Festhalten an der Macht beziehungsweise das Streben nach mehr ist nicht der eigentliche Skandal. Sondern dass die politischen Inhalte darüber zur bloßen Verhandlungsmasse verkommen. Insofern ist es bezeichnend, dass Clooney kaum auf die konkrete Politik seiner Figur eingeht; vornehmlich, um das System Politik in den Blick zu nehmen. Am Ende aber liefert „Tage des Verrats“ vor allem politische Archetypen. Als hätte sich die Politik seit den historischen Iden des März nicht selbst verändert.