In einer verkommenen kalifornischen Vorstadtsiedlung leben einige jugendliche Punks in einem leerstehenden Haus, weil sie es aus verschiedenen Gründen bei den Eltern nicht mehr ausgehalten haben. Sie schlagen sich mit Diebstählen durchs Leben, reagieren sich abends auf Hardcore-Konzerten ab und haben keinerlei Vorstellung davon, wie sie ihr Leben in den Griff bekommen können. Der kleinbürgerlichen Nachbarschaft sind sie ein Dorn im Auge: Anstatt sich mit den Jugendlichen zu solidarisieren, sehen die nur ihre eigenen lächerlichen Besitztümer bedroht. Eine offene Auseinandersetzung bahnt sich an …
„No Future“: Das war in den frühen Achtzigerjahren der Slogan der Punkbewegung und in 'Suburbia' erhält man einen ziemlich guten Eindruck davon, woher diese Weltanschauung kam und was sie jenseits eines bloß plakativen Fatalismus bedeutete. Das einstige Vorstadtparadies des Films hat sich in einen besseren Slum verwandelt und die Elterngeneration, die mitansehen musste, wie ihr Traum vom Wohlstand den Bach runterging, ist viel zu sehr mit der eigenen Identitätskrise beschäftigt, als dass sie sich um die Erziehung des Nachwuchses kümmern könnte. Ungeliebt und aus desolaten Elternhäusern stammend ist den Jugendlichen jeder Optimismus, jede Hoffnung auf ein halbwegs normales Leben und das Vertrauen in die Erwachsenen, die sie im Stich gelassen haben, abhanden gekommen. Mit der Gesellschaft wollen sie zwar nichts mehr zu tun haben, doch leben sie natürlich nicht im luftleeren Raum. Ihre zwangsläufigen Frustrationen brechen sich in sinnlosen Scharmützeln während der abendlichen Konzerte Bahn, bei denen die Musiker mehr als einmal entnervt abbrechen müssen, weil die Situation vor der Bühne zu eskalieren droht. Und diese destruktive Ader entfremdet die Kids noch mehr: Weil die Verlierer um sie herum ein ähnlich beklagenswertes Leben führen und ebenfalls ihre Aggressionen irgendwo loswerden müssen, kommen ihnen die Punks gerade gelegen. Sie sind die perfekten Sündenböcke: ein paar Kids ohne jede Lobby, ohne Privilegien, ohne Fürsprecher.
Penelope Spheeris drehte vor 'Suburbia' die Punkrock-Dokumentation 'The Decline of the Western Civilization', deren Titel durchaus auch auf ihr Spielfilmdebüt gepasst hätte. Es verwundert also nicht wirklich, dass auch 'Suburbia' dokumentarische Züge trägt: Die Schauspieler sind bis auf ganz wenige Ausnahmen Laiendarsteller aus der kalifornischen Punkszene (es gibt u. a. einen sehr jungen Flea, seines Zeichens Bassist der Red Hot Chili Peppers, zu bewundern), die Konzerte bestreiten die Hardcore-Veteranen von D.I., T.S.O.L. und The Vandals und mehrere Ereignisse des Films sind von realen Begebenheiten inspiriert. 'Suburbia' ist dann auch ungemein deprimierend in seiner Rohheit und Ausweglosigkeit, die ihren deutlichsten Ausdruck im Bild einer Rotte ausgesetzter und deshalb verwildeter Hunde findet, von denen einer in der Eröffnungsszene ein Kleinkind vor den Augen der Mutter zerfetzt. Aus Opfern werden Täter, für die die Gesellschaft dann meist auch eine entsprechende Antwort parat hat, während sie vorher tatenlos zusieht. Spheeris blieb dem Sujet noch eine Weile treu: Als nächstes folgten die Teenage-Angst-Filme 'Blind Rage' und 'Dudes – Halt mich fest, die Wüste bebt!', dann widmete sie sich der Glamrockszene in L.A. in 'The Decline of the Western Civilization Part 2: The Metal Years', bevor sie mit 'Wayne’s World' einen Riesenhit landete, der ihr dann diverse Komödienengagements einbrachte. Über jene Filme kann man sich streiten, 'Suburbia' ist über jeden Zweifel erhaben.
Dieser Text erschien zuerst in: Remember it for later