Salami Aleikum

(D 2008; Regie: Ali Samadi Ahadi )

Heimatkunde

Der Titel des Films: schon nicht mehr peinlich, sondern schlicht doof. Hat man erst mal diese Schwelle hinter sich, passiert Ungeheures. Ich hab im Kino seit sehr langer Zeit wieder Tränen gelacht, und das in einem deutschen Film. Außerdem hab ich den Film in mein Herz geschlossen. Ich küsse hiermit öffentlich Regisseur Ali Samadi Ahadi und seine Crew. Denn sie habens hingekriegt, dass das, was Sozialdrama, Tragödie und deutscher Problemfilm sein könnte, überwältigende Komödie geworden ist, in der die Situationen zugespitzt und wahr werden. Weil man nicht über Komiker lachen muss, die irgendwen vorführen.

Ja, ich drück mich davor, die Story zu erzählen. Obwohl es korrekt wäre. „Salami Aleikum“ lebt jedoch vom Inkorrekten. Aber seis drum. Also was für Situationen? Trifft der schüchterne kleine Iraner aus der Metzgerei in Köln auf die große, Anabolika gestärkte ex-DDR-Kugelstoßerin in den Ruinen des VEB Oberniederwalde. So könnte ein Witz anfangen. Tatsächlich auferstehen die beiden wie auch sämtliche Loser in der neudeutschen Provinz aus den Ruinen. Im culture clash konnten alle ihre dämlichen Sprüche loswerden. „Wir haben ja nichts gegen Ausländer, aber..“. Nur wer im rechtsextremen Hintergrund verharrt und außerdem Nebenbuhler ist, bekommt sein Fett weg (Kiefernbruch durch Anabolikerinnenfaust). Die Wessibullen („Ah, da haben wir den Orient“) müssen draußen bleiben im finstren Wald. Alle anderen werden Helden im Bollywoodstil mit großen Tanznummern und noch ungelenken, aber hingebungsvollen Ossischritten im Orienttakt (Musik: Ali N. Askin). Klar, dass Metzgerschüchterling Navid Akhavan jetzt als der Popstar rauskommt, der er im wirklichen Leben ist (rechtzeitig Karten kaufen!).

Aber wieso soll das „Salami Aleikum“-Märchen wahr sein? Nur, weil ich es behaupte? Grund dürfte vielmehr sein, dass Regisseur Ali Samadi Ahadi die vielen aberwitzigen Situationen erlebt hat. Die Idee zum Film hatte er schon, als noch die Abschiebung drohte. Nach den schwierigen „Lost Children“ ließ er dann zu, was in ihm steckte. Den Fan der Bollywood-Filme. Die Lust am Fabulieren. Animationen im Spielfilm. Das sprechende Lamm Wojtyla, das den Film kommentiert. Irrwitzige Einfälle, wie man sie in einem deutschen Film nicht gesehen hat. Ali Samadi Ahadi ist ganz bei sich. Man könnte sagen, in einer neuen Heimat. Und die teilt er im Film mit den Ossis, die dem VEB Textile Freuden nachtrauerten und jetzt Geschmack an der Ausländerküche finden. An Gesang und Tanz. In der altneuen Heimat Oberniederwalde.

Dieser Text erschien zuerst in: Konkret 7/2009

Salami Aleikum
(Salami Aleikum)
Deutschland 2008 - 106 min.
Regie: Ali Samadi Ahadi - Drehbuch: Arne Nolting, Ali Samadi Ahadi - Produktion: Oliver Stoltz, Jan Krüger - Bildgestaltung: Bernhard Jasper - Montage: Dirk Grau - Musik: Ali N. Askin - Verleih: Zorro Medien - FSK: ohne Altersbeschränkung - Besetzung: Navid Akhavan, Anna Böger, Wolfgang Stumph, Michael Niavarani, Proschat Madani, Caroline Schreiber, Stephan Grossmann, Alexander Yassin
Kinostart (D): 30.11.-0001

DVD-Starttermin (D): 30.11.-0001

IMDB-Link: http://www.imdb.de/title/tt1245528/
Link zum Verleih: NULL