Wo und wann sie angefangen haben, gemeinsam Musik zu machen, wissen die vier Mittzwanziger auch nicht mehr so genau. Jedenfalls gründeten Matthias Meichelböck, die Brüder Martin und Michael von Mücke und Maxi Pongrath 2007 die Blasmusik-Gruppe 'Kofelmusik', benannt nach dem Kofel, dem Hausberg der oberbayerischen Gemeinde Oberammergau, aus der sie stammen. Die Namensänderung geht auf eine Bemerkung des dortigen Gemeindegärtners zurück, bei dem Maxi seine Lehre machte. Als er von der musikalischen Tätigkeit seines Lehrlings erfuhr, soll er gesagt haben: „Des werd scho so a Gschroa sein.“
Ursprünglich spielten die vier mit Tenorhorn, Helikontuba, Flügelhorn und Akkordeon traditionelle Volksmusik. Mit der Zeit wurde ihr Sound eigensinniger – und sie, auch über Bayern hinaus, zu einem Geheimtipp. 2012 veröffentlichten sie ihr erstes Album „Kofelgschroa“. Ihren stets in bayerischer Mundart gehaltenen Texten wird oft eine „dadaistische“ Note nachgesagt. Für Kategorisierungen ihrer speziellen Mischung aus Volksmusik und Pop haben sie sich noch nie sonderlich interessiert. Auf ihrer Internetseite bezeichnen sie sich als „Freizeit-Musiker mit jeder Menge Freizeit“ und über ihre Musik heißt es dort: „Wir spielen gerne Wechseltakte, Mollakkorde und lange Stücke. Die Texte werden geredet, gesprochen, gesungen, oft versetzt und wiederholt. Spontan und bedingungslos spielen, überraschen und dabei belauscht werden, das sind unsere Triebfedern.“
Für den Dokumentarfilm „Kofelgschroa. Frei. Sein. Wollen.“ hat die Regisseurin Barbara Weber die Band drei Jahre lang begleitet. Auf dem Fahrrad oder im charmanten achtziger Jahre-VW-Bus. Bei Proben und auf der Bühne. Bei ihren „Brotjobs“ in einer Schmiede oder auf einem Ziegenhof. Ausführlich spricht sie mit ihnen über einen Lebensinhalt jenseits des Geldverdienens, über die Unterschiede des Lebens auf dem Land und in der Stadt, über Selbstzweifel und das Abwägen zwischen der Musik und einem anderen Beruf.
Herausgekommen ist eher ein dokumentarischer Coming of Age-Film als eine Musikdoku. Vielleicht verdeutlicht sich das am besten in der Mitte des Films, wenn es darum geht, wie sich die Gruppe vorübergehend getrennt hat. In Texttafeln vor Fotos der einzelnen Mitglieder wird berichtet, was sie in der Zeit ohne Kofelgschroa unternommen haben. Sie sind um die Welt gereist, haben sich in Berlin als Straßenmusiker versucht oder geheiratet. Dann taten sie sich wieder zusammen, um weiter gemeinsam Musik zu machen. Von den gängigen Band-Klischees über Streit und Comeback keine Spur.
In der letzten halben Stunde, wenn die Bühnen größer werden und der Weg zu ihnen nicht mehr durch Alpenpanoramen, sondern über die Reeperbahn oder regennasse Berliner Straßen führt, geht es auch um den Erfolg und wie man mit ihm umgeht. So wenig wie sich ihre Musik in gängige Kategorien fügt, scheinen sie sich auch aus dem Rummel der Musikbranche zu machen. In Interviews wird ihre urbayerische Wurstigkeit zu einem Duktus der Rebellion. Die konsequent durchgehaltene Verweigerungshaltung besitzt einen Hauch von Punk. Nur ist das offensichtlich keine bewusst eingesetzte Attitüde. Auf die Frage nach dem schönsten Platz von Oberammergau („Da, ganz im Nord-Osten“) oder zur Zitronenvorlage des Tequila-Witzes haben die Vier – verständlicherweise – einfach keinen Bock.
Dass über sie nun ein Film gemacht werde, sei schon komisch, sagt einer am Beginn. Es gebe da doch eigentlich nicht mehr zu erzählen als über irgendjemand anderen. Damit sind die Qualitäten sowohl der Band als auch des Films auf den Punkt gebracht. „Kofelgschroa. Frei. Sein. Wollen.“ ist ein ruhiges, einfühlsames und angenehm unaufgeregtes Portrait einer angenehm unaufgeregten Band.
Der auf dem DOK.fest München uraufgeführte Film wird ab dem 7. August 2014 in Bayern in die Kinos kommen. Aufführungen in Berlin, Hamburg und anderswo sind in Vorbereitung.