Uwe Brandners Langfilmdebüt aus dem Jahre 1970 formuliert seine paradoxen Liebes- und Lebensverhältnisse bereits im Titel: „Ich liebe dich, ich töte dich“ markiert sprachlich das abrupte Umschlagen von Nähe in Distanz, von Zuneigung in Zerstörung und ist durchaus auch übertragbar auf die ebenso wechselvolle wie labile Beziehung zwischen Individuum und Gesellschaft. Eine Hassliebe grundiert also Brandners „Bildergeschichte aus der Heimat“, einem der frühen „linken Heimatfilme“ des Neuen Deutschen Films, der das Genre gründlich gegen den Strich bürstet, indem er seine künstlerische Anti-Haltung in einen unkonventionellen visuellen Stil übersetzt. Brandner verzichtet dabei sowohl auf eine herkömmliche Erzähl- und Spannungsdramaturgie als auch auf gängige Figurenpsychologie; stattdessen versetzt er eine Reihe prototypischer Repräsentanten der Gesellschaft, die er theatralisch inszeniert, durch eine ausgeklügelte Bild- und Tonmontage und mittels anarchisch-subversivem Witz in ebenso absurde wie entlarvende Situationen.
Die scheinbar sinnlosen Dialoge, die dabei ausgetauscht werden und die wie in einem Sprechtheaterstück von Peter Handke oftmals auf wenige oder einzelne Wörter reduziert sind, verdichten den exemplarischen beziehungsweise symbolischen Gehalt des Films. Zugleich fügen sie sich nahtlos ein in die musikalisch-repetitive Struktur auf der Bildebene mit ihren wiederkehrenden Motiven, kontrapunktischen Arrangements und verfremdeten Realitäten. Das Ausgestellte und Gemachte in Brandners bemerkenswertem Film, der insofern Assoziationen an Brechts dialektisches Theater weckt, lässt einen an den anarchischen Humor eines Claude Faraldo und die absurden szenischen Versuchsanordnungen eines Giorgos Lanthimos denken. Auch der sezierte dörfliche Mikrokosmos in Branders Film, der auf groteske Weise einen Fremden in eine zementierte Ordnung versetzt und damit einen freiheitsliebenden Außenseiter gegen eine hierarchisch organisierte Gesellschaft stellt, ist durchzogen von latenter und offener Gewalt.
„Der Vogel fliegt, die Blume blüht, die Regierung regiert, das Gewehr schießt“, ergänzen die Schüler die Subjekt-Vorgaben des neuen Lehrers (Hannes Fuchs). Diese Tautologien über das Selbstverständliche der Gesellschaft und das Unabänderliche der Natur sind gar nicht so weit entfernt von der fatalistischen Schicksalsergebenheit des Dorfdichters („Die Tage gehen unmerklich ineinander über. Über unseren Köpfen wechseln die Jahreszeiten. Dagegen kann niemand nichts tun.“) oder auch der uneingeschränkten Lebensbejahung des Dorfpfarrers („Was ist, macht uns Freude.“). Dagegen steht gewissermaßen eine Montage, die in schneller Abfolge den Lehrer („Die Gedanken sind frei.“) mit nicht geladenem Gewehr auf die Häuser der Bürger zielen und schießen lässt. „Ich wollte etwas zeigen über Ordnung und Rebellion“, sagt der Filmemacher und Schriftsteller Uwe Brandner im Rückblick.
Ausgerechnet mit dem jungen Jäger in Lederkluft (Rolf Becker) freundet sich der rebellische Lehrer an und teilt sich mit ihm bald nicht nur die tierische Beute, sondern auch die sexuelle Gunst der Dorfschönheiten. Zugleich wird er wider das Tabu zu seinem Geliebten. Als der Eindringling neben der dörflichen Ordnung als mutmaßlicher Wilderer auch noch das Gefüge des Waldes zu bedrohen scheint, greifen die bis dato gelangweilten Ordnungshüter zu drastischen Strafmaßnahmen. Schließlich soll alles beim Alten bleiben. Dazu Uwe Brandner: „Der Wilderer ist der unbewusste Außenseiter, der kaputtgeht an seinem unbewussten Ausbruchsversuch.“
Sein von der zeitgenössischen Kritik als „merkwürdig“, kafkaesk“ und „seltsam offen“ beschriebener Film erlebte im Kino der Bundesrepublik nur ein kurzes Schattendasein. Wahlweise als „politische Parabel“, „Puzzle-Spiel“, „Allegorie“ und „reines Kino“ apostrophiert, das seinen Realismus mit „Elementen eines Mysterienspiels“ verbinde, wurde „Ich liebe dich, ich töte dich“ einmal mehr zuerst in Frankreich und später in den USA als eines „der reichsten und gelungensten Werke des jungen Kinos überhaupt“ rezipiert. So war etwa im „New Yorker“ – durchaus dick aufgetragen – zu lesen: „Der Film hat eine besondere, kaltschimmernde Brillanz … ein Mikrokosmos des Faschismus, Sadomasochismus, Konformismus und Chauvinismus.“ Doch wenn dem Filmemacher Uwe Brandner, der Ende der 1960er Jahre auch als Autor im Umfeld der Pop- und Undergroundliteratur in Erscheinung trat, großes Talent und eine Zukunft im Jungen Deutschen Film bescheinigt wurden, erfüllten sich die in ihn gesetzten Hoffnungen nicht. Wie einige andere Filmschaffende dieser bedeutenden Aufbruchsbewegung, deren filmästhetische Innovationen und Eingriffe nach wie vor relevant sind, gehört auch Brandner heute mehr oder weniger zu den Vergessenen.