'Willst du ein Leben lang mit mir dein Blut, dein Herz, deine Seele teilen – für diese Firma?' Ja, das wollten sie, und sie nahmen den Siegelring mit dem MEG-Logo. Schließlich kam es nicht oft vor, dass Selfmademillionär Mehmet E. Göker vor einem seiner Vasallen auf der Showbühne in die Knie ging. Für die, die den Umsatz nicht ehrten, galt die Parole: 'Weg die Wichser!' Sie alle wollten’s ja nicht anders, da hat Obermacker Göker nicht ganz unrecht: seine geldgeilen und devoten Gefolgsmänner (Frauen sind hier nur Begleitblondinen), die Politiker und VIPs, die ihn hofierten, und seine Auftraggeber, die Versicherungsriesen, die nach immer mehr Kunden für private Krankenversicherungen gierten und dafür riesige Provisionen zahlten.
Klaus Stern, der bereits in anderen sensiblen Porträts offenbarte, was das Business aus Menschen macht, führt hier den rasanten Aufstieg und Fall des Versicherungsmaklers Göker und die windigen Methoden einer Branche vor. Der MEG-Chef genießt die Anwesenheit der Kamera beim Ferrarifahren, Muskelstählen, Brüllen und Sprücheklopfen ('Das Leben ist eine Torte, und ich möchte nicht nur Krümel davon abkriegen'). Stern spricht mit Untergebenen wie dem dankbaren Ex-NPD-Anhänger, den der Deutschtürke Göker bekehrt hat, und sieht zu, wie sich dessen Exbodyguard nach der Pleite das MEG-Tattoo entfernen lässt. Die bestürzend komischen Firmenvideos, die Stern unkommentiert hineinmontiert, und vor allem sein 1A Hauptdarsteller verleihen der Doku Spielfilmdrive. Göker findet sich übrigens gut getroffen.
Dieser Text erschien zuerst in: Konkret 03/2012