Ein Sturm zieht auf in Amerika, allegorisch ebenso wie im Wortsinn. Allein Curtis LaForche kann ihn erkennen, in seinen apokalyptischen Träumen, und nur er ist in der Lage angemessen darauf zu reagieren, zumindest sieht er sich schlicht dazu gezwungen. Curtis folgt der Aufforderung des Filmtitels und baut mit immer manisch werdender Besessenheit in seinem Garten einen Schutzbunker für sich und seine Familie.
Was zunächst wie ein stilles Psychogramm eines zunehmend verdrehten Geistes anmutet, entpuppt sich bald als in viele Richtungen und Lesarten interpretierbarer Thriller, der nicht zuletzt den Finger in die Wunde des amerikanischen Sozialsystems legt: Als Curtis aufgrund seiner Halluzinationen seinen Job vernachlässigt und schließlich verliert, kann seine Krankenversicherung nicht mehr die längst überfällige Operation seiner sechsjährigen, tauben Tochter übernehmen. Die Entfremdung von Familie und Freunden, das Eingestehen der eigenen Unzurechnungsfähigkeit und trotzige Festhalten an der fixen Idee des bevorstehenden Weltuntergangs, zumindest auf Curtis‘ eingeschränkten Horizont bezogen – Regisseur und Autor Jeff Nichols erweitert mit seinem zweiten Langfilm zwar sein Themenspektrum, bleibt jedoch dem schleichend eindringlichen, bisweilen obsessiven Charakter seines aufsehenerregenden Debüts „Shotgun Stories“ sowohl inhaltlich wie auch formal treu.
Mit zunächst bedächtigem Tempo arbeitet sich „Take Shelter“ der Unausweichlichkeit eines großen Dramas entgegen. Ganz bewusst ist der Film in einer Kleinstadt in Ohio angesiedelt, die Weite der Landschaft macht die Kräfte der Natur geradewegs spürbar. Aus der Ferne, nicht zuletzt in der mitunter poetischen Kameraarbeit von Adam Stone, klingt ein wenig von Terrence Malicks Inszenierungsstil an – und dass die ungemein talentierte Jessica Chastain ebenso wie in „The Tree of Life“ um die Balance kämpft und die Stimme der Vernunft repräsentiert, ist mehr als nur ein hübscher Zufall.
Michael Shannon hingegen gibt dem Wahnsinn ein Gesicht, auch er fraglos ein exzellenter Darsteller, wenngleich er hier vielleicht schon zu früh und eben auch wegen seiner auffälligen Physiognomie zum Psychopathischen tendiert, als dass er sich im finalen Drittel des Films noch glaubhaft steigern könnte, ohne an den Rand einer Karikatur zu geraten, ähnlich eines Jack Nicholson in „Shining'.
Der aufziehende Sturm allerdings entfaltet sich mit voller Wucht – und mit ihm ein Film voller eindrücklicher Momente, die lange nachwirken.