Wie schon in seinem vorhergehenden Film „Das Festmahl im August“ („Pranzo di ferragosto“) sucht der italienische Drehbuchautor und Regisseur Gianni Di Gregorio auch in seiner neuen Arbeit „Gianni und die Frauen“ („Gianni e le donne“) die „Kontinuität zwischen dem wahren Leben und der Fiktion“. Dabei inszeniert er sich selbst in der Rolle des liebenswerten Titelhelden, der sich still, unaufgeregt und duldsam durch den Mikrokosmos seines römischen Geburtsortes Trastevere bewegt. In langen, teils dynamischen Einstellungen beobachtet Di Gregorio das alltägliche Leben seines Viertels und erzeugt dadurch jenen feinen Realismus, der im Tonfall einer leisen, melancholischen Komödie ganz leicht, lakonisch und mit nur geringem Abstand über der tatsächlichen Realität schwebt.
Die Krise des alternden Mannes angesichts der Vergänglichkeit, seine verlorenen Träume und vergeblichen Mühen in ihrem Missverhältnis zum drängenden, von Schönheit und erotischen Versprechungen beflügelten Liebesverlangen kennzeichnen Giannis existentielles Dilemma. Dazu kommt noch, dass die finanziellen Rücklagen des früh pensionierten 60-Jährigen rasant aufgezehrt werden und er um das mütterliche Erbe fürchten muss. Giannis bereits 95-jährige Mutter (Valeria Di Franciscis Bendoni), eine distinguierte, eigensinnige Frau, die ihren Sohn bei geringfügigsten Anlässen einbestellt und seine willigen Dienste ausnutzt, führt nämlich ein verschwenderisches Leben inmitten ihrer geschmackvoll eingerichteten Villa. Aber auch innerhalb des engeren Familien- und Nachbarschaftskreises kümmert sich Gianni als gute Seele des Hauses rührend und zuvorkommend um die täglichen Besorgungen. Nur sein beständiges Weißweintrinken und der zaghafte Widerspruch hinter der Fassade konventioneller Höflichkeit geben Hinweise auf sein leises Aufbegehren.
Die Zeit sei „ein Rad, das sich dreht und dreht“ doziert Giannis Freund Alfonso (Alfonso Santagata) mit Bezug auf Heraklit. Und weil seiner Meinung nach der „alte Motor“ des Weggefährten „eingerostet ist“, will er ihn zu amourösen Abenteuern überreden. „Gefallen dir keine Frauen mehr?“, fragt Alfonso. Immer öfters bleibt Gianni deshalb auf der Straße stehen, tauscht er lange, tiefe Blicke und prüft seine Gesichtsfalten vor dem Spiegel. Doch alle Frauen, denen er in der Folge begegnet, von Cristina (Kristina Cepraga), der hübschen Betreuerin seiner Mutter, bis zur immer noch attraktiven Jugendfreundin Valeria (Valeria Cavalli), gehören einer anderen Zeit an. Wie unerreichbare Träume bevölkern sie Giannis Phantasie; bis sich schließlich unter den freundlichen Wirkungen einer Droge für eine lange Nacht Giannis raum-zeitliches Korsett auflöst und das Ersehnte wirklich erscheinen lässt.