Es wird gemenschelt im Führerbunker. Pünktlich zum Jubiläum schafft es Produzent Eichinger, den Diskurs um Vergangenheitsbewältigung und Opferklärung mit jener Gestalt heim ins Reich zu holen, die es den Deutschen heute noch so schwer macht, mal Klartext zu filmen.
Die Retrofabrikatur ist im vollen Gange: 'Das Wunder von Bern', Rammstein, Martin Walser, 'Wir sind wir', Mia, Norman Finkelstein, Heuschrecken überall, Jürgen Möllemann, Botho Strauß, 'Speer und Er', Guido Knopp, Aggro Berlin, Deutschlandqoute, Heinz Rudolf Kunze, 'Nie wieder Auschwitz' im Kosovo, Ernst Nolte, Wehrmachtsausstellung, die Goldhagendebatte und immer wieder Dresden. Erst die Vergangenheit domestizieren, dann lässt sich endlich wieder ein selbstbewusstes Wir rauskrächzen, wenn in irgendeinem Schrebergarten die drei Farben gehisst werden. So etwas kann man selbst immer noch am besten: 'Meine Albtraum-Vorstellung war ein Film aus Hollywood, der uns per Import zeigt, wie es bei uns zugegangen ist', röhrt es aus dem Bernd. Erst das Volk der Dichter und Denker ins Schicksal Vertreibung bomben und ihnen dann auch noch ihren Lieblingspopanz madig machen? So nicht! Schlimm genug, dass der Ami beim Endsieg schon ein Wörtchen mitzureden hatte. Der Zeitpunkt ist gut gewählt. Retro ist chic. Die entspannte Vereinnahmung vergangener Epochen muss schließlich nicht in den 70ern stehen bleiben. Eine Ikonographie des Vergessens bricht sich Bahn. Der Führer, mal wutschnaubend und unbeherrscht, dann aber wieder fast zärtlich und fürsorglich. Hundeliebhaber, Frauenversteher, Kinderfreund. Nehmen wir unsere KZ-Opfer bei den Händen und wollen nun laut sagen: Ja, wir alle sind nur Menschen, niemand ist perfekt. Die falschen Entscheidungen können schmerzvoll sein. Das muss sich auch Traudl Junge, das Zeitzeugensignifikat des 12-Tage-Melodrams, eingestehen. So ist das halt, wenn man jung ist. Naiv, aber eine kruppstahlharte Lust auf Glauben.
Und das Volk? Verraten und verkauft. Verängstigt eilt es durch Berlins zerbombte Straßen, um noch eines entlegenen Versteckes habhaft zu werden, und eine ganze Reihe an Einzelschicksalen ruft nochmal nachhaltig ins Gedächtnis, dass Krieg wirklich keine schöne Sache ist, insbesondere wenn man auf der Verliererseite steht. Allein gelassen von ihrem fantastischen und fanatischen Führer wird ihnen die Rolle zugewiesen, die sie auch heute noch voller Selbstbewusstsein beherrschen: Opfer spielen. Wenn dann der rote Mob als bedrohliche Masse gesichtsloser Pflichterfüller in Berlin einmarschiert und unsere Protagonisten sich der Frage zuwenden, ob denen nun mit Widerstand, Aufgabe oder Suizid entgegenzukommen sei, während unsere Jungdarstellerin mit ihrem Bengel im unschuldigen Grün der Demokratie entgegenradelt, dann dürfte in etwa das Moment erfasst sein, welches Eichinger dem findigen Hollywood-Produzenten nicht zutrauen mag. Fehlt nur noch eines: Auszeichnungen und Prädikate. Das offizielle Siegel lautet: Dieser Film ist besonders wertvoll. Weil wir es uns wert sein wollen.