Aus der Vogelperspektive blickt die Kamera auf den aus Iran stammenden Künstler Nikzad Nodjoumi, der in einem Atelier des New Yorker Stadtteils Brooklyn arbeitet. Nach dem Sturz des Schahs musste der linke, regierungskritische Maler am Beginn der Islamischen Republik 1980 vor dem Mullah-Regime in die USA fliehen. Während einer Ausstellung seiner Gemälde im Museum für zeitgenössische Kunst in Teheran war er massiv angefeindet worden, seine damals ausgestellten Werke sind seitdem verschollen.
In ihrem investigativen und sehr persönlichen Dokumentarfilm „A Revolution on Canvas“ begibt sich seine Tochter Sara Nodjoumi zusammen mit ihrem Co-Regisseur und Ehemann Till Schauder deshalb auf eine Spurensuche, die sowohl in die politische Vergangenheit des heftig umkämpften Iran als auch in ihre eigene, von blinden Flecken durchsetzte Familiengeschichte führt. Dabei porträtiert sie zwar primär ihren Vater und seine Kunst im Zeichen der politischen Auseinandersetzungen, widmet sich aber zugleich ihrer Mutter Nahed Hagiga, die ebenfalls als Künstlerin tätig ist, ihre Arbeit aber eine Zeit lang hinter diejenige ihres Mannes zurückgestellt hat.
Für Sara Nodjoumi, die selbst auch zu einer Protagonistin ihres Films wird, spiegelt sich darin bei allem Verständnis für die außerordentlichen Umstände ihrer mittlerweile geschiedenen Eltern auch die Rolle der Frau in der Gesellschaft. Das Aufbegehren der Frauen gegen staatliche Unterdrückung im Namen der Religion wird wiederum durch die jüngsten, unter dem Slogan „Frau, Leben, Freiheit“ geführten Proteste thematisiert. Die Kämpfe der Vergangenheit schließen sich hier mit denjenigen der Gegenwart zusammen. Die Fülle des Materials aus historischen Aufnahmen, zahlreichen Familienfotos, Gemälden und aktueller Recherchearbeit führt allerdings zu einer assoziativen, sprunghaften Montage, deren Gewichte ungleich verteilt sind. Die Einblendung von Jahreszahlen sorgt dabei zumindest für eine grobe Orientierung und eine eher lockere Chronologie.
Neben einer sich zunehmend als schmerzlich erweisenden Familiengeschichte gilt ein wesentlicher Handlungsstrang Nikzad Nodjoumis linksradikaler Politisierung, die Ende der 1960er Jahre im Zuge der Proteste gegen den Vietnamkrieg und der Bürgerrechtsbewegung in den USA entscheidende Impulse erhält. Diese bringt ihn nach seiner zeitweisen Rückkehr in den Iran schließlich in gefährliche Konflikte mit den Ordnungshütern. Die Erfahrungen mit Gewalt, Unfreiheit und Krieg, mit Paranoia und Unterdrückung spiegeln sich schließlich in seinen politisch unbequemen, provozierenden Bildern.
Expressionistisch, surreal und phantastisch verbinden sich in ihnen Mensch und Tier, Gewalt und Unterwerfung in kaleidoskopischen Arrangements. Mythische Vergangenheit und politische Gegenwart kreuzen sich in den gegenständlichen Bildern auf herausfordernde, ebenso ironische wie schreckliche Weise. Leider vermittelt der Film diese Eindrücke nur streiflichtartig. Einmal heißt es über Nikzad Nodjoumi, der auf verschiedenen Ebenen mit seiner Biographie konfrontiert wird und die Notwendigkeit seines künstlerischen Schaffens zeitlebens offensichtlich über sei Privatleben stellte, er habe „eine Revolution in sich selbst“. Diese ist auch noch nach dem Film, der ihn seinen verschwunden geglaubten Werken näher bringt, nicht zu Ende.