Vom Liebesglück am Meer erzählen die ersten, wortlosen Bilder des Films, die von einer leicht sentimentalen Musik begleitet werden. Während sich das Licht auf den kräuselnden Wellen bricht, bewegen sich Sara (Juliette Binoche) und Jean (Vincent Lindon) unter einem blauen Himmel durch das kniehohe Wasser. Man spürt ihre tiefe, zärtliche Vertrautheit, wenn sie sich berühren, umarmen oder an den Händen halten. So fühlt sich eine Liebe an, die nahezu körperlich spürbar wird. Dafür inszeniert Claire Denis in ihrem neuen Film „Mit Liebe und Entschlossenheit“ zusammen mit ihrem Kameramann Eric Gautier eine feine Balance zwischen intimer Nähe und Distanz. Seit neun Jahren sind die beiden ein Paar. Doch wenn sie aus dem Urlaub in ihre helle Pariser Wohnung mit den offenen Türen zurückkehren, wo sie sich in den großen Balkonfenstern ineinander spiegeln, liegt im stillen Einverständnis ihrer Blicke zugleich der Schatten eines zögerlichen Lauerns.
Dass zwischen dem sommerlichen Meer und der Ankunft in der herbstlichen Wohnung die Fahrt erst durch einen langen, dunklen Metro-Schacht geht, verweist bereits auf die bevorstehende Krise. Nur wenig und auch nur in Andeutungen erfährt man über Sara, die als Radiojournalistin arbeitet, und über den früheren Rugbyspieler Jean, der offensichtlich einen Gefängnisaufenthalt hinter sich hat. Ihre Geschichten wirken zwar fort, doch Claire Denis, die hier einen Roman der französischen Schriftstellerin Christine Angot adaptiert hat, interessiert sich mehr für die Ablagerungen, Spuren und Gesten in der Gegenwart. Dann sagt Sara eines Tages zu Jean: „Die Vergangenheit ist zurückgekommen.“ Und damit meint sie ihren früheren Geliebten François (Grégoire Colin), der auch mit Jean befreundet ist und der zusammen mit diesem eine Agentur zur Vermittlung von Rugbyspielern eröffnen will. Die tatsächliche Arbeit der beiden bleibt im Folgenden aber eher abstrakt und nebulös.
Saras wiedererwachtes Begehren, das fortan mit Widersprüchen und Halbwahrheiten jongliert und dabei das Offensichtliche nur halbherzig verdrängt, wird geradezu zu einem physischen Schmerz. Sie registriert an sich „Liebe, Angst schlaflose Nächte, das Telefon neben dem Bett und das Gefühl, feucht zu werden“. Und Jean, der sich verletzt fühlt, reagiert zunächst mit Eifersucht: „Es gibt Wunden, die nie verheilen.“ Mit intimen Blicken widmet sich die französische Regisseurin erneut der Sprache der Körper, ihrem Glück und ihren Wunden. Wo die Worte lügen und sich in sinnlosen Streitereien verheddern, geraten die Körper aneinander. Das ist ebenso menschlich wie erschreckend. Parallel zu diesen schonungslosen Szenen einer Paarbeziehung erzählt Denis von Jeans orientierungslosem 15-jährigen Sohn Marcus (Issa Perica), der bei seiner Oma Nelly (Bulle Ogier) in Vitry lebt und mit seiner Herkunft hadert. Doch das bleibt als Reminiszenz an Denis‘ frühere Beschäftigung mit dem Erbe des Kolonialismus nur eine Randnotiz. Auch wenn sich Jean mit seinem Sohn darin trifft, für sich und ihn ein eigenes Leben zu fordern; bevor die Tindersticks schließlich „Both sides of the blade“ singen.