Ein junger Physik-Dozent spricht in seiner Antrittsvorlesung über „Zeitsymmetrik“. Im Kontinuum der Zeit seien Vergangenheit und Gegenwart untrennbar miteinander verwoben und von gleicher Gültigkeit. Alles hänge zusammen und tausche sich aus. Das aktuelle Erleben sei ein Déjà-vu des Früheren, der vermeintliche Zufall nur der Ausdruck unausweichlicher Notwendigkeit. „Alles, was du gemacht hast, hat dich genau hierher geführt“, sagt Aron (Julius Feldmeier) zu seiner Freundin Nora (Saskia Rosendahl). Nach dieser Theorie haben sich die beiden glücklich Verliebten also nur scheinbar zufällig kennengelernt. Und weil der Name des einen, wie ein Palindrom rückwärts gelesen, den Namen des jeweils anderen ergibt, erscheint die Notwendigkeit ihres Zusammenseins geradezu vorherbestimmt. Trotzdem sind die beiden aufgrund ihrer Sozialisation unterschiedlich glücklich im Leben.
Jenseits ihrer Namen und den Implikationen ihrer Begegnung hat der Titel von Mariko Minoguchis Debütfilm „Mein Ende. Dein Anfang.“ aber noch eine andere Bedeutung: Als Aron als zufälliges Opfer eines Banküberfalls erschossen wird, beginnt für Nora etwas Neues, das die Ahnung des Früheren in sich trägt. Traumatisiert und im Zustand der Trauer begegnet sie dem jungen Familienvater Natan (Edin Hasanović), der sich gerade, arbeitslos geworden, in einer höchst prekären Phase seines Lebens um seine schwerkranke kleine Tochter Ava kümmern muss. Von Anfang an mischen sich in Noras Begegnungen mit Natan (auch dieser Name ist ein Palindrom) Erinnerungssplitter aus ihrer früheren Beziehung zu Aron. Ihre Liebesgeschichte wird gewissermaßen von ihrem Ende her erzählt und grundiert zugleich auf noch unbestimmte Weise Noras beginnende, letztlich schicksalhafte Beziehung zu Natan.
Gemäß der angedeuteten Zeit-Theorie etabliert Mariko Minoguchi für ihren bedeutungsschweren Film eine nicht-lineare Erzählstruktur, in der sich mittels abrupter Szenenwechsel Vergangenheit und Gegenwart, Erinnerung und Trauma fortwährend durchdringen. In Zeitschleifen und perspektivisch variierten Wiederholungen entstehen so allmählich Zusammenhänge, die ziemlich unglaublich und arg konstruiert sind, aber zum Kern des durch viele gedehnte Momente etwas langatmig geratenen Dramas führen. Motivisch verwandt mit den Filmen des spanischen Regisseurs Julio Medem, geht es dabei nicht nur um Zufall und Notwendigkeit, sondern vor allem um Liebe und Vergebung. So erwächst am Ende aus den zeitlichen Überlagerungen verhängnisvoller Begegnungen schließlich neues Leben.