Das knastmäßige Tattoo auf dem einen Arm, die Polizeimarke in der anderen Hand. Alle Unterschiede, die es je im Genrekino zwischen Banden von Cops und Robbers gegeben haben mag, sind hier außer Kraft gesetzt bzw. der Film dreht sie gleich komplett um. Schließlich lässt der vollbärtige Marken-, Tattoo- und Lederjackenträger „Big Nick“ O’Brien (Gerard Butler) den zurückhaltenden Donnie Wilson (seinem Vater Ice Cube wirklich verwirrend ähnlicher Sohn: O’Shea Jackson Jr.), der auf der anderen Seite des Gesetzes arbeitet in der Bankräuberbande um Enson Levoux (Curtis „50 Cents“ Jackson) und seine liebe Mühe hat, sich zwischen so vielen Alpha-Männchen zu behaupten, bei einem Verhör wissen: „You’re not the bad guys. We are.“
Tatsächlich scheinen die Gangster hier wesentlich kühler und kalkulierter und also „professioneller“ zu agieren als die durch und durch testosterongesteuerten Polizisten. Wo auf der einen Seite präzise Instruktionen zum Umgang mit der Waffe gegeben werden, darf sich auf der anderen ein sich vegan ernährender Anzugträger-Kollege von Big Nick erst einmal eine verbale Abreibung abholen. Was die verschiedenen Gangs dann aber doch verbindet, ist ein Arbeitsethos, das mit Jungfräulichkeit und Defloration in Verbindung zu bringen im Kontext dieses Films dann sicherlich keine Überinterpretation darstellt: Die einen wollen die Bank ausrauben, die niemals ausgeraubt wurde, die anderen die Crew schnappen, die niemals geschnappt wurde.
Christian Gudegast, der zuvor nur einige Drehbücher geschrieben hatte, darf hier sein durchaus beachtliches Regiedebüt abliefern. Dabei beweist er ein gutes Gespür für Tempo und eine sich langsam steigernde Spannung (Action bzw. Ballerei gibt es tatsächlich nur am Anfang und am Ende des Films) sowie für das eine oder andere nette Detail. Dass etwa in der in schummriges Rot getauchten Bar, in der Donnie arbeitet, „Ein Prosit der Gemütlichkeit“ aus den Lautsprechern erklingt, ist schon sehr köstlich. Die (bisweilen über-)deutliche Referenz ist das Kino Michael Manns. Sowohl in Form und Inhalt als auch (und vor allem) in der Auffassung von Diebstahl und Genrefilm als absolute Präzisionsarbeit.
Feministische KritikerInnen, für die Repräsentation des weiblichen Geschlechts noch das Mindeste ist, werden von „Den of Thieves“ not amused sein. Ich konnte mir, bevor ich ihn sah, nicht vorstellen, dass es möglich ist, 2018 einen Film in die Kinos zu bringen, in dem weibliche Figuren derart keine Rolle spielen und so wenig screen time haben wie in diesem. Es geht hier eben ganz und gar um markige Männer, die, wenn sie im finalen Shootout verwundet auf der Straße liegen oder sich auf eine Auto stützen, die Knarre in der Hand, um weiter aufeinander zu schießen, ganz zu sich kommen.
Das Twist Ending á la „Die üblichen Verdächtigen“ (Bryan Singer, USA 1995) ist dann auch nicht so sehr an sich interessant, sondern eher dadurch, dass es einen Paradigmenwechsel in der dominierenden Vorstellung von Männlichkeit zu implizieren scheint. Der kühl kalkulierende und allein operierende Nerd behält schließlich die Oberhand über die Banden von Jocks auf beiden Seiten des Gesetzes, durch die er zuvor empfindlich einstecken musste. Und kann darauf auch schon mal ein Bier ausgeben.