Am Anfang ist der eine ein Upper-Class-Super-Cop und der andere ein White-Trash-Super-Cop. Aber Liebe kennt ja bekanntlich keine (Klassen-)Grenzen (zumindest nicht im Hollywood-Kino, ach was, der Kunst im Allgemeinen). Liebe? Ja, Liebe. Denn „Tango & Cash“ ist ein Film über zwei Männer, die kein Paar werden dürfen. Darin liegt die tiefe Tragik dieser Komödie. Und zugleich weiß der Film, dass wir wissen, dass seine beiden Protagonisten nur so zueinander finden können, wie zwei Männer eben in einem Buddy-Movie zueinander finden dürfen, und daraus zieht er einen Großteil seiner Komik.
Der Plot gibt sich ausgeklügelt, läuft aber in a nutshell darauf hinaus, dass die beiden Superbullen einigen Gangstern unter Führung des von Jack Palance gespielten Oberschurken ein Dorn im Auge sind. Von diesen zunächst ausgetrickst und in die Bredouille bzw. den Knast gebracht werden, aus dem sie dann relativ schnell wieder ausbrechen können, um ihre Widersacher zur Strecke zu bringen. Dass das so generisch ist, dass es letztlich vollkommen egal ist, mag Absicht sein oder auch nicht. So oder so gibt es dem Publikum die Möglichkeit sich ganz auf das Wesentliche in diesem Film zu konzentrieren: die beiden Hauptfiguren und ihre Beziehung zueinander.
Da ist Ray Tango (Sylvester Stallone), der gerne teure Anzüge trägt und sich nebenher im Finanzbuisness etwas dazu verdient. In diesem Kontext gibt es die vielleicht schönste Dialogzeile dieses an schönen Dialogzeilen nicht eben armen Films, in der ihm in seinem Büro mitgeteilt wird: „What is a margin call? Your stockbroker just called.“ Nur scheinbar ist der Schauspieler – der damit berühmt wurde, dass er einen Boxer spielte, der es aus den Slums ganz nach oben schaffte – hier gegen sein Image besetzt. Denn der Action-Held ist immer ein Prolet. Vielleicht ist es der Sturzregen, der hier in der sehr langen Szene fällt, in der die beiden Männer aus dem Knast ausbrechen, der nicht nur ihre gut definierten Muskeln zum Glänzen und Glitzern bringt, sondern auch das ganze Schicki-Micki-Gehabe von Tango abwäscht und ihn das tun lässt, was er am besten kann: Kicking some ass. Wenn er sich dann fürs große Finale wieder richtig herausputzen darf, dann ist er eben wieder ein Action-Held-Prolet in einem teuren Anzug.
Dann ist da Gabe Cash (Kurt Russell), der zunächst sein Rivale für den Titel des Super-Cops von Los Angeles ist, und bei seiner Einführung in den Film ebenfalls auf Verbrecherjagd geht. Selbstverständlich im Ghetto. Selbstverständlich mit Vokuhila und in Jeans. Und als Mann der Straße ist er dann auch selbstverständlich für eher harte Verhörmethoden bekannt. Der asiatische Gangster, den er jagt und fängt, überlegt sich das mit dem Nicht-Englisch-Sprechen im Angesicht des drohenden Erstickungstodes ganz schnell anders.
„Tango & Cash“ ist postmodernes Zitate-Kino. Eine Meta-Actionkomödie. Ein Meta-Buddy-Movie. Ein Meta-Achtziger-Jahre-Film. Der Film hat kaum angefangen, schon muss sich Tango von seinen Kollegen anhören, dass er sich wohl für Rambo halte und darf äußerst bescheiden antworten: „Rambo is a pussy.“ Sein Zugriff auf das Genre der Buddy-Actionkomödie ist ein durch und durch ironischer, was sich nicht nur, aber doch zum Großteil eben in seiner Rekurrenz auf den homoerotischen Subtext des Genres niederschlägt. Buddy-Movies sind Filme, in denen zwei denkbar unterschiedliche, einander zunächst meist feindlich gesinnte Männer sich zusammenraufen müssen, sehr oft um ein paar Verbrecher zur Strecke zu bringen. Frauen fungieren oft nur als störendes Beiwerk. Es geht im Kern immer um die Männerfreundschaft, auch explizit als Alternative zu Familie, Sex, etc. (Natürlich gibt es Buddy-Movies inzwischen auch mit weiblichen Hauptfiguren, etwa Paul Feigs schönen „The Heat“ (USA 2013) mit Melissa McCarthy und Sandra Bullock. Hier geht es aber eben um das männliche Genre-Archetyp.).
Dabei ist es durch die Konventionen des Genres gesetzt, dass die Männer eben Buddys werden müssen, aber niemals fuck buddys bzw. ein Liebespaar werden dürfen. Was an dieser Spielart des Genrekinos immer schon mehr oder minder versteckt homoerotisch war (in Chaplins „City Lights“ (USA 1931), der vielleicht erste, zumindest aber frühe Film dieser Art), ist nun in „Tango & Cash“ ganz offensichtlich. Damit ist der Film zugleich auch der bessere „Thelma & Louise“ (USA 1991; R: Ridley Scott).
Über die mindestens tendenziell homophobe Prüderie des Genres macht sich der Film dann eben in einem fort lustig. Am weitesten geht er wohl in einer Szene, in der Tango und Cash im Gefängnis ankommen und gemeinsam unter die Dusche gehen, wobei denn auch ihre knackigen Körperrückseiten in voller Blöße zu sehen sind. Cash geht vor Tango auf die Knie, was letzteren zunächst mit großem Unbehagen erfüllt. Doch seine Sorge ist unbegründet, denn sein Partner will natürlich nur (was sonst?) die Seife aufheben, natürlich ohne ihm den Rücken zuzuwenden, und er muss dann noch gleich die Größe des Geschlechtsteils seines Gegenübers bemängeln („peewee“!). Wo die beiden Männer hier nicht Subjekt eines gleichgeschlechtlichen Begehrens werden dürfen, das dann aber dennoch irgendwie da ist, werden sie eine Szene später, bei ihrem Gang durch den Knast, zum Objekt von Männerhass und Männerbegehren.
Darin spiegelt der Film denn auch die Rezeptionshaltung seiner Zielgruppe. Mehr als in anderen Mainstreamfilmen seiner Zeit hat man in „Tango & Cash“ das Gefühl, dass sich die Sexualisierung des durchtrainierten Männerkörpers nicht nur an ein weibliches, sondern auch an ein männliches Publikum richtet. Abgerundet wird das Ganze durch den Schwanzvergleich, bei dem bemängelt wird, dass der eine einen größeren hat als der andere. Ballermann natürlich. Was auch sonst? Und last, aber sicherlich nicht least durch Russells Auftritt in Frauenkleidern und mit sehr dick aufgetragenem Lippenstift, der großartig und sehr sexy ist.
Eine Frau braucht es natürlich auch noch. Die ist Tangos Schwester und Cashs love interest. Das Patriarchale an der Frau, die nur dazu da ist, damit sie der eine liebhaben, der andere beschützen kann, ist so offensichtlich, dass es nur noch ein Witz ist. Das Patriarchat ist, genau wie die eng mit ihm verbundene und in ihm verwurzelte Homophobie, hier immer für einen Lacher gut. Teri Hatcher spielt als erotische Tänzerin Catherine durchaus eine selbstbestimmte Frau, ganz emanzipieren kann sie sich von der Rolle als reine Plot-Funktion, die der Film ihr zuweist, aber leider doch nicht.
Während es vorher zum running gag wurde, dass die beiden Protagonisten sich high five geben wollen, es aber schließlich doch nicht tun, sondern vorher innehalten, endet der Filme damit, dass sich ihre Hände nun doch heroisch in der Luft treffen, triumphierend auf der Titelseite einer Zeitung, die verkündet, dass nun alles gut ist, Tango und Cash wieder vollständig rehabilitiert sind. Der Film ist natürlich klug genug, um zu wissen, dass das eine reine Ersatzhandlung ist. Am Ende finden endlich Hände zueinander, wo Körper nicht zueinander finden dürfen.