Ana (Diana Cavallioti) und Toma (Mircea Postelnicu) studieren Literatur und sind ein Paar. Am Anfang von Călin Peter Netzers sozialpsychologischer Beziehungsstudie „Ana, mon amour“ sitzen sie zusammen in einem Zimmer ihres Studentenwohnheims in Bukarest und lernen sich erst noch kennen. Sie diskutieren mit einer gewissen Ironie und offensichtlich ineinander verliebt über Nietzsches Moralbegriff, während im Zimmer nebenan geräuschvoll gevögelt wird. Die unruhige Kamera erfasst dabei intuitiv und tastend ihre Gesichter und Hände, wandert über ihre Körper und streift Details. Andrei Buticá filmt unmittelbar und direkt, ebenso flüchtig wie insistierend Bilder großer Nähe und Intensität, die von der mit dem Silbernen Bären ausgezeichneten Cutterin Dana Bunescu zu einem nervösen, unkalkulierbaren Rhythmus montiert werden. Als Ana plötzlich eine Panikattacke erleidet und um Luft ringt, wird die Intimität noch gesteigert. Denn Toma mildert die Symptome durch seine körperliche Nähe.
Die Liebesbeziehung der beiden fußt also von Beginn an in einer Schwäche, einer Krankheit, einem unbewussten Trauma. Toma braucht Ana, um sich um sie zu kümmern und ihr quasi in Sorge und Pflege nahe zu sein. Dabei quält ihn selbst eine uneingestandene Versehrtheit. Aus dem Hintergrund eines Rockkonzertes, das die beiden besuchen, taucht eine Textzeile auf: „Ich bin der, der in dir wohnt.“ Überhaupt ist die unterschwellig und sehr gedimmt mit Musik bespielte Tonspur beredt. Als die beiden wechselseitig in den jeweiligen Elternhäusern des anderen zu Gast sind, kommt es hier wie dort zu lautstarken, gar handgreiflichen Konflikten. Netzers ungeschönt realistischer Blick deutet gesellschaftspolitische Verwerfungen an und akzentuiert zugleich die dunklen Stellen im jeweiligen Familienkontext. Denn Anas unbestimmten Angstzustände und ihre daraus resultierende Tablettensucht haben Gründe, die sie selbst noch nicht versteht.
Sie unterzieht sich deshalb einer Psychoanalyse, bearbeitet ihre Probleme, wächst daran, während Toma in seinem symbiotischen Abhängigkeitsverhältnis gefangen und infolgedessen stehen bleibt: „Ich liebe dich unendlich“, insistiert Toma, während Ana ihm vorwirft, sich von ihrer Krankheit zu nähren. Als sie schwanger wird, verstärken sich diese unguten Beziehungsmuster bis zur Beklemmung und einem wohl unausweichlichen Scheitern der Liebe.
Auch Toma vertraut einem Psychoanalytiker (Adrian Titieni) seine Geschichte an, was Călin Peter Netzer wiederum für die nicht-chronologische Erzählstruktur seines psychologisch vielschichtigen Films nutzt. In Ausschnitten und Fragmenten wechselt dieser zwischen Vergangenheit und Gegenwart, Erinnerung und Traum und konstruiert dabei eine sehr subjektive, nicht eindeutige Wirklichkeit. Offensichtlich wiederholen sich die Konflikte über Generationen hinweg geradezu schicksalhaft und ohne Ausweg. Einmal sucht Toma seinen Beichtvater auf, der ihm zur unbedingten Offenheit in Beziehungen rät: Man müsse „dem bösen Wolf gegenübertreten.“