Die Q ist ein Tier

(DE 2023; Regie: Tobias Schönenberg)

Fleischbeschau

Der Film „Die Q ist ein Tier“ ist ein Spielfilm im Gewand einer Dokumentation. Die Handlung wird von einer Vielzahl Figuren mit gleichen Anteilen am Geschehen erzählt. 53 Darsteller mit gleichwertigen Rollen? Das kommt nicht alle Tage vor.

Darum geht’s: Nachdem dem Schlachthof-Betreiber Werner Haas eines Nachts Schlachtabfälle in seinen Vorgarten gekippt wurden, erstattet er aufgebracht Anzeige gegen Unbekannt. Die Polizei befragt die Anwohner des kleinen Ortes. Der Fleischbetrieb von Haas ist der einzige größere Arbeitgeber im Umkreis. Ja, die Lastwagen jeden Tag nerven schon. Nein, wir haben nichts gesehen.

Sachbuchautorin Hilal Sezgin hat die gesamte Debatte rund um Nutztierhaltung, Schlachterei-Skandalen, vegane Ernährung und Tierrechtsaktivismus in ein pralles Drehbuch verpackt und auf eine Menge Sprechrollen verteilt. Die Fleischkäuferin, den Schlachter, den Vertragsarbeiter, den Demonstranten, der im Bauwagen wohnt. Der Aktivist von „Animalista Antikapitalista“, der weiß: „Der Kapitalismus macht Leben zur Ware“. Die alleinerziehende Tierärztin, die die geregelte Arbeitszeit im Schlachthof schätzt, und so weiter.

Herausgekommen ist ein vielseitiger Blick auf die Debatte um Ernährung und ihre Produktionsabläufe zwischen Profitstreben und fleischfreiem Kantinentag, Bolzenschussgerät und Biolandwirtschaft, Kriminalisierung von Protest und der Verquickung wirtschaftlicher und politischer Interessen. „Der eine Sohn übernimmt das Schlachthaus, der andere geht in die Politik“, heißt es einmal im Film. Wo dann mit ein paar Telefonanrufen Probleme in der Lieferkette aus der Welt geschafft werden. Ja, und auch im Bio-Essen sind Fleischabfälle.

Dramaturgisch hält sich der Schauwert in Grenzen. Es bleibt beim Textaufsagen, Kuh und Leidensgenossen haben leider keinen Text, das ist irgendwie doch recht inkonsequent. „Wir haben in diesem Film auf den visuellen Horror der Schlachthäuser verzichtet und uns stattdessen für ein satirisch-unterhaltsames, wortgewaltiges Menschenensemble entschieden“, sagt Regisseur Tobias Schönenberg. Funktioniert dann auch als Podcast.

Diese Kritik erschien zuerst am 13.05.2024 auf: links-bewegt.de

Die Q ist ein Tier
Deutschland 2023 - 81 min.
Regie: Tobias Schönenberg - Drehbuch: Hilal Sezgin - Produktion: Tobby Holzinger - Bildgestaltung: Timo Sonnenschein - Montage: Laura Köhler - Musik: hackedepicciotto - Verleih: Drop-Out-Cinema - Besetzung: Anna Pfingsten, Martin Timmy Haberger, Martin König, Annaleen Frage, Reiki von Carlowitz, Ludwig Hohl, Zodwa Selele, Sibylle Gogg
Kinostart (D): 16.05.2024

IMDB-Link: https://www.imdb.com/title/tt27629735/
Foto: © Drop-Out-Cinema