„Es gab eine Zeit, als malische Big Bands den Soundtrack zur neugewonnenen Unabhängigkeit lieferten“, heißt es zu Beginn von Markus CM Schmidts Musikdokumentation „Le Mali 70“. Das war vor allem in den 1960er Jahren, als sich in dem westafrikanischen Land lokale Musiktraditionen mit kubanischen Rhythmen, Lieder der Dogon und Tuareg mit funkigem Bläsersound der Karibikinsel verbanden. Afrojazz oder Afrobeat nannte sich diese rhythmisch vertrackte, energiegeladene Fusion-Musik, die neben einem virtuosen Gesang auch Raum für instrumentale Improvisationen ließ. Mystère Jazz de Tombouctou, Kanaga de Mopti, Super Bitons de Ségou oder auch Rail Band Bamako nannten sich diese Bands oft mit Bezug auf ihren Heimatort. Die Platten, die damals entstanden, sind heute eine maßgebliche Inspirationsquelle für das Berliner Musikerkollektiv Omniversal Earkestra, das sich seit zehn Jahren diesem speziellen afrokubanischen Sound verschrieben hat.
Um ihre musikalische Leidenschaft zu vertiefen und etwas über die Hintergründe des Afrojazz zu erfahren, begeben sich die Musiker der deutschen Big Band im Januar 2010 auf eine Reise durch Mali. Ihre Route ist dabei nicht nur Spurensuche und musikalischer Trip, sondern sie ermöglicht vor allem die Begegnung und den Austausch mit den damaligen Protagonisten der Szene. Zu ihnen gehören etwa Jimmy Soubeiga, Mouneissa Tandina, Sory Bamba, Cheik Tidiane Seck und Salif Keïta. Mit ihnen proben die Musiker des Omniversal Earkestra, wobei immer wieder über Rhythmen und Bläsereinsätze gefachsimpelt wird. „Ihr müsst tanzen. Nicht tanzen ist nicht gut“, sagt einer der malischen Meister. Es kommt zu gemeinsamen Auftritten und schließlich zu einer Plattenaufnahme in Salif Keïtas Moffon-Studio in Bamako. Daneben erkunden die Berliner Musiker die damaligen Schauplätze in ihrem heutigen Zustand und erfahren dabei etwas über die Ursprünge der Liedtexte und ihre Wurzeln im Alltag der Menschen. Nur eine Fahrt nach Timbuktu bleibt aufgrund der angespannten Sicherheitslage tabu.
Man erfährt nicht viel über die aktuelle und vergangene Politik des Landes. Auch in Bezug auf die Ursprünge und Besonderheiten des Afrojazz bleibt vieles unterbelichtet oder nur angedeutet. Stattdessen konzentriert sich Markus CM Schmidt, von wenigem Archivmaterial unterbrochen, mit seiner beobachtenden Kamera und unter Verzicht auf einen Kommentar auf die Dynamik der gemeinsamen Proben und Auftritte. Insofern gibt es nicht nur viel zu hören, sondern es vermittelt sich in diesen Passagen auch ein sehr lebendiger Prozess des musikalischen Austauschs. „Glaub nicht, du kennst jemand, wenn du nicht mit ihm zusammengearbeitet hast“, heißt es in einem der Songs. In diesem Sinne und auf der mit vielfältigen Impressionen und Begegnungen aufwartenden Fahrt durch das Land wird die Musik schließlich zum grenzüberschreitenden Mittel des kulturellen Austauschs und der Verständigung.