Der Prolog von Thomas Stubers Literaturverfilmung „Die stillen Trabanten“ spielt auf dem freien Feld in der schweißtreibenden Hitze eines windigen Sommertags. Eine Gruppe von Landschaftspflegern, angeführt von dem Vorarbeiter Hans (Peter Kurth), entdeckt eine Gruppe von Flüchtlingen, unter denen eine Mutter ihr totes Kind beweint. Heimatlosigkeit und Fremde, Schutzbedürftigkeit und Anteilnahme werden in dieser Szene wortlos angesprochen und zugleich für die drei nachfolgenden Episoden des Films, die auf Erzählungen von Clemens Meyer basieren, etabliert. Eine lose Verbindung ergibt sich außerdem durch diverse Figuren, die hier unbemerkt ihre Prägung erhalten und die in einer späteren Geschichte vom Rand in den Mittelpunkt treten. Allerdings vermeidet die episodische Struktur des Films ein Zentrum. Angesiedelt im Umfeld des Leipziger Hauptbahnhofes, unter seinen Rand- und Nachtgestalten, akzentuiert Stuber eher das Transitorische und Flüchtige. Dabei beschäftigen sich alle Geschichten mit Einsamkeit und der Sehnsucht nach Nähe.
Im alternierenden Modus der Erzählung gilt dies zunächst für die Reinigungsfrau Christa (Martina Gedeck), die Züge putzt, für angebliche „Nachlässigkeiten“ gerügt wird und allabendlich nach getaner Arbeit in der Bahnhofskneipe dem Cognac zuspricht. Bis sie die offensichtlich ähnlich einsame Friseurin Birgitt (Nastassja Kinski) kennenlernt, die sich wiederum mit Sekt tröstet. Allmählich entwickelt sich zwischen den beiden eine zärtliche Beziehung. Kleine, fast unmerkliche Gesten und Zeichen vermitteln dabei ihre unterdrückten Gefühle. Ihr vorsichtiges, verdruckstes Sprechen am Rande des Schweigens zeigt wiederum ihre Unsicherheit und Angst vor Verletzung. Allerdings steckt in ihren knappen, vernuschelten und oft im Flüsterton gehauchten Dialogen auch ein gehöriges Maß an Kindlichkeit und Naivität, die ihre schüchterne Reserviertheit manchmal einfach nur banal erscheinen lassen.
In eine triste, meist nächtliche Atmosphäre getaucht, gilt diese merkwürdig gekünstelte Verhaltenheit auch für die anderen verlorenen Seelen des Episodenfilms, der langsam und streckenweise leider auch zäh das die Figuren verbindende Thema umkreist. Während sich Wachmann Erik (Charlie Hübner) mit empfindsamem Beschützerinstinkt um die geflüchtete Ukrainerin Marika (Irina Starsehnbaum) kümmert, die in einem Ausländerwohnheim lebt, verliebt sich Imbiss-Betreiber Jens (Albrecht Schuch) in die ziemlich labile Konvertitin Aischa (Lilith Stangenberg), die im selben Stockwerk eines Hochhauses wohnt wie er. Sie sagt, ihr Mann Hamed (Adel Bencherif), der sich gerade mit Jens anfreundet, und der Islam hätten ihr Halt gegeben. Sie habe, die Schönheit wiedergefunden.
Das bleibt, wie vieles andere in diesem Film der zögerlichen Andeutungen und raunenden Bedeutungen, allerdings nur Behauptung. Offensichtlicher hingegen ist die subtile, gewissermaßen väterliche Dominanz der Männer im Verhältnis der Geschlechter. Trotz gegenteiliger Behauptung („Du bist stark und schön.“) spekuliert diese auf die vermeintliche Schwäche der Frauen. Das kann dann auch vom utopischen, selbstermächtigenden und überdies leicht kitschigen Schlussbild eines blühenden Kirschbaumes nicht mehr entkräftet werden.