In David Tebouls Schwarzweißfilm „Sigmund Freud – Freud über Freud“ sprechen die Dokumente. Im Off lesen wechselnde Sprecher aus Briefen, Selbstzeugnissen und Erinnerungen, die allerdings nicht nur vom Porträtierten (Johannes Silberschneider) stammen, wie der unnötig umständliche deutsche Verleihtitel suggeriert, sondern auch von Weggefährten. Besonders Freuds Tochter Anna (Birgit Minichmayr), die den berühmten Begründer der Psychoanalyse zeitlebens begleitet, unterstützt und betreut hat, spielt eine prominente Rolle; aber auch Prinzessin Marie Bonaparte (Catherine Deneuve), die einige von Freuds Schriften ins Französische übersetzte und dem Juden bei seiner Flucht ins Londoner Exil half. Von ihr stammen auch einige private Filmaufnahmen, die den alten, schwerkranken Freud im Kreis seiner Familie zeigen. Auch alle anderen Bild- und Filmdokumente kommen her aus der Lebenszeit Freuds oder tragen deren visuelle Anmutung.
Um die Entwicklung von Freuds Denken nachzuzeichnen, folgt der Film ziemlich strikt den Lebensdaten des Psychoanalytikers von seiner Geburt 1856 im kleinen mährischen Ort Freiberg, über seine Ausbildungszeit und sein Wirken in Wien, bis zu seinem Tod 1939 in London. In der Verbindung von Bild und Ton wählt David Teboul dabei ein assoziatives Verfahren und folgt damit mitunter auch thematischen Nebenwegen, die er zugleich in die übergeordnete biographische Erzählung integriert. Diese verbindet persönliche Erlebnisse, Träume, Begegnungen, Freundschaften und historische Ereignisse bzw. Umwälzungen, um aus ihnen nicht zuletzt auch die Entwicklung psychoanalytischer Grundbegriffe herzuleiten.
Zwar rekurriert der Film dabei auch auf Freuds jüdische Herkunft, seine Faszination für biblische Geschichten, seine starke Mutterbindung und seine Begegnung mit dem französischen Arzt Jean Martin Charcot, dem „Hohepriester der Hysterie“, wodurch sein Weg zur „Traumdeutung“ entscheidende Impulse erhält. Doch seine Erforschung des Unbewussten mit seinen gegensätzlichen Triebstrukturen ist nicht nur ein Reflex auf die teilweise verdrängte sexuelle Bedingtheit des Menschen, sondern spiegelt auch die Erfahrung des Krieges mit seinen politischen und kulturellen Umwälzungen. „Bereite dich auf den Tod vor, um das Leben zu ertragen“, lautet Freuds pessimistisches Fazit im Hinblick auf den dünnen Firnis der Zivilisation. So zeigt Tebouls konzentriertes dokumentarisches Porträt nicht nur den psychoanalytischen Denker und die Stationen seiner wissenschaftlichen Entwicklung, sondern immer auch das Leid, die Bedürftigkeit und die Freuden des dahinter stehenden Menschen.