Als wären es leuchtende Spinnweben, die kurz aufglimmen und wieder verlöschen, illuminieren sichtbar gemachte Strahlen den Vorspann des Films. Dazu dringt ein seltsames, fast unmerkliches Knistern in die tiefe Ruhe, die das Bild umhüllt; bevor sich schließlich, begleitet von schwereren Geräuschen, ein Raketen ähnlicher Brennstab ins Bild schiebt. Zwischen Geheimnis und Enthüllung, Faszination und Schrecken bewegt sich Volker Sattels visuell eindrucksvoller Dokumentarfilm „Unter Kontrolle“, der eine Innensicht deutscher Kernkraftwerke vermittelt und noch vor der atomaren Katastrophe in Fukushima entstand. Die normalerweise unsichtbaren Vorgänge im Innern der Reaktoren sichtbar zu machen, ist insofern ein wesentliches Anliegen des Films.
„Unter Kontrolle“ ist deshalb auch „kein Lehrfilm über Atomkraft“, so Volker Sattel, sondern ein in Cinemascope gedrehter Kinofilm, „der seine Erzählkraft aus den Bildern entwickelt“. Nicht politisches Engagement habe seine Arbeit motiviert, sondern das Interesse, mit der Filmkamera in das hermetische System eines Atomkraftwerkes hineinzugehen, um die „nebulösen Bilder“, die wir davon haben, von ihrem „Schleier“ zu befreien. Dabei hat Sattel auf erklärende Kommentare und klassische Interviews verzichtet. Stattdessen sollen die Bilder zu Projektionsflächen für den Zuschauer und seine jeweilige Perspektive werden; und damit auch einen neuen Blick auf das schwierige Thema eröffnen.
Die ambivalente Faszination, die der Film ausstrahlt, ist eng verknüpft mit den Utopien einer Technologiegläubigkeit, die sich in den Architekturen der Kraftwerke widerspiegelt. Regisseur und Kameramann Volker Sattel, 1970 in Speyer geboren und mit Blick auf die gewaltigen Kühltürme von Philippsburg aufgewachsen, spürt diesen Dimensionen und ihren symmetrischen Strukturen in statischen Totalen und ruhigen Schwenks nach. Mit insistierendem Blick auf die unzähligen Knöpfe und Kontrollleuchten von Schaltzentralen, auf Kabelgewirr und riesige Betonkuppeln entstehen so immer wieder irritierende Kontraste und gespenstische Szenerien.
In den komplexen, überdimensionalen Ausmaßen der Kraftwerke, die vom Geist der Kontrolle beseelt sind, wird der arbeitende, sich in unverständlicher Terminologie artikulierende Mensch auf ein Funktionsteilchen im sich selbst regulierenden System der Maschine reduziert. Als handelte es sich um ein – im Übrigen ausschließlich von Männern verwaltetes – militärisches Sperrgebiet, sind die Anlagen folgerichtig von einem engmaschigen Sicherheitsnetz durchzogen. Es ist dies ein pervertierter Ausdruck jener utopischen, auf friedliche Nutzung zielenden Atomtechnologie, deren „archäologischen Spuren“ Sattel mit seinem Film folgt. Dabei schimmert zugleich auf beunruhigende Weise immer wieder jene gefährliche Schattenseite durch, deren Unkontrollierbarkeit die Welt zurzeit in Atem hält.