Hallo, Hollywoodsommerkonzeptkomödie zum Thema Unvernünftig-Bleiben! In diesem Format brachte der Vorjahrserfolg von 'Bridesmaids – Brautalarm' etwas Gendergleichberechtigung in Sachen Nicht-ganz-dicht-sein-Dürfen (im Kopf und auch sonst). Nun kommt 'Ted', das heißt: Es regieren wieder die Buben; und die müssen alles dürfen.
Auch mit Ende dreißig hält man an Jugendritualen und Kindheitshelden fest: Kiffen, Schweinigeln, Couchsurfen, Endlosfernsehen, alte Rockhits, alte Filme – zumal der 'Flash Gordon' von 1980, dessen Queen-Soundtrack und 'Star' Sam J. Jones hier einige gediegen phrasierte Retromomente feiern. Alltag als Konsumerinnerungsverkultung: 'Ted' exerziert das durch, sanft satirisch, sprich: propagandistisch, jedenfalls anbiedernder als es in rezenten einschlägigen Komödien mit Seth Rogen bzw. von Judd Apatow geschehen ist, im Wechsel zwischen obsessivem Kindergauben und einer ebenso obsessiven sarkastischen Desillusionierung, die uns wieder, öh: runterholt (Kennt man ja aus 'Shrek'.).
'Ted' will noch mehr: Der Titelheld ist ein – digital animierter – dauergeiler Plüschbär; wie der zum quasi-menschlichen ewigen Intimfreund des von Mark Wahlberg dargestellten (quasi-)menschlichen Helden wurde, das tut wenig zur Sache bzw. fällt in die Kategorie 'Kindergaube' (in einem Frühachtziger-Weihnachts-Intro, dessen sich selbst penetrant desavouierender Märchenonkelkommentar von Patrick Stewart gesprochen wird). Wie Ted sich benimmt, das fällt in die Kategorie Desillusionierung: Er spricht, säuft, kifft und steht so zu seinem ewigen Lebenspartner in einer Beziehung der Verdoppelung bzw. Verkörperung. Soll heißen: Ted ist zwar etwas kleiner und pummeliger als der von Wahlberg gespielte Autoverleihangestellte und Underachiever (und meistens nackt), aber sonst ganz gleich wie er, sein Double und Gegenüber, zugleich die plüschige Inkarnation dessen, was an dem Mann nicht Mensch ist, sondern ein exzessiver Identitätskern, ein Bär als ein Mehr, das hier eher ein Weniger ist, der Hardcore eines verendlosigten Bub-Bleibens – und eben Nicht-Eintretens in die Wechselseitigkeiten bürgerlicher Erwachsenheit. (Mit oder zwischen Deleuze, Agamben und Žižek gesagt: Das Bub-Bleiben im Medium des Antiautoritär-Bär ist die genderhegemonial hässliche Seite eines posthumanen, postpatriarchalen Tier-Werdens.)
Ted ist, was die Leute wollen, und die, die alles dürfen, was sie wollen, sind notorischerweise die Buben. Dies ist ein Retro-Film, und gegenwärtig retrokulturell bespielte Buben aus der Altersgruppe des Buben aus 'Ted' (oder etwas älter) erinnert dieser Kurzname weniger an einen Teddybär – und schon gar nicht an jenen US-Präsidenten (den ersten, weniger berühmten Roosevelt), nach dem der Legende nach das Stoffspielzeug international benannt wurde –, sondern eher an ein anderes Jugendmaskottchen namens TED, an den 'Tele-Dialog', mit dem die Fernsehshow 'Wetten, dass…?' (vormals: 'Wetten, daß…?') in den späten 1980er Jahren Geschmack und Wollen des Publikums in Sachen Wettkönig des Abends live und interaktiv ermittelte, unter Anleitung von Mastermind Frank Elstner, der später von dem auf Lebenszeit praktizierenden Buben-Ideologen Thomas Gottschalk abgelöst wurde, so wie der TED (damals der Gipfel der Tele-Demokratie, quasi der Wahl-Berg) später vom Web Zweinull. Und so wie übrigens Ted, also der aus der Hollywoodkomödie, wohl bald – in der Disziplin 'Bestückung von Büropinwänden und -screens mit triebgesteuert amoralisch sprücheklopfendem Flauschgetier' – Garfield ablösen bzw. dessen Weltherrschaftserbe antreten wird.
Bei der ostentativ tiefen Redseligkeit des Bären im Verbund mit dem plötzlich unter Leistungs- und Beziehungsdruck (es geht um eine heterosexuelle Beziehung zu einer Frau aus Fleisch und Blut, nicht Plüsch) gestellten Helden, beim Konzept von 'Ted' also, da ist auch 'Der Biber' mit im Spiel – mehr als nur ein herber Hauch des Titelplüschwesens aus der gefloppten, hochgradig eigenwilligen Mel Gibson/Jodie Foster-Groteske 'The Beaver' (2011) mit im Spiel. (Jetzt keine Wortspiele mit Justin oder der englisch-umgangssprachlichen Bedeutung dieses Worts – beides ist im Bubenkontext zu sehr aufgelegt.) Naja, und 'Alf' ist da wohl auch mit drin, aber auf dessen Vorbildfunktion weist der Dialog von 'Ted' eh mit pflichtschuldigem Augenzwinkern hin. Wer aber wollte die Mastermind-Funktion des für die TV-Serie 'Family Guy' renommierten Seth MacFarlane in Frage stellen? Der hat den Ted gesprochen und den Film inszeniert; in seiner Regie steuert Walter Murphy (der einst Beethovens Fünfte im Discosound verjazzte) einen gepflegten Swing-Score bei, und ein gaudiger Cast spielt durchwegs stark auf.
Viele der – auf Ethnizität (sowie Antisemitismus), Arbeitswelt und Körperausscheidungen fokussierten – Gags sitzen; viele auch nicht. Der Kurzauftritt von Norah Jones als herself bzw. Teds Fuckbuddy hat was; die vielen Promi-Namedrop-Injokes haben nix. Wenn Ted gefragt wird, wer der fettleibige stoppelglatzige Knabe hier im Raum ist, und er erwidert: 'That‘s Sinead O‘Connor. She don‘t look so good no more,' dann ist das billig (oder bärig). Wenn eine Fantasiesequenz lang der Wahlberg-character an seinen ersten Tanz mit seiner Freundin zurückdenkt und sich in die Rolle des Kapitäns in weißer Galauniform aus der Disco-Szene in 'Airplane!', der Großmutter aller Genreparodien (aus demselben Jahr wie 'Flash Gordon'), hineinimaginiert, eine Szene, die ja ihrerseits schon parodistische Paraphrase einer John Travolta-Tanzszene aus 'Saturday Night Fever' war – dann ist auch das billig, aber von einer Art, die hirnsausenmachend, weil völlig direkt und zugleich potenzierend ist, das Reenactment eines Reenactment, Parodie einer Parodie. Jedenfalls schlägt es die Retro-Traumszenen von Wahlbergs Mit-Surfen mit Flash (Gordon) in den wackeligen, aber ernst gemeinten Bildern des von ihm verehrten Films um Längen.
Das Finale läuft dann zunächst nach 'Toy Story'-Manier ab: Ted wird entführt, im Showdown auf einem Turm im Sportstadion zerfetzt und ist eigentlich schon so gut wie tot. Die nachfolgende Heilungsszene ist die endgültige Demontage dessen, was dem Bären-Buben in die Quere seines selbstverdoppelnd-narzisstischen Allmachtsphantasmas kommen könnte – nämlich der Frau, insofern sie Reiz auf und dadurch Macht über ihn ausüben könnte. Die ihre ganze Beziehung – zumindest den ganzen Film – lang von Ted genervte, aber doch vieles engelsmütig verzeihende Freundin des Helden muss dessen Bären wiedergebären; anders lässt sich die Szene von Teds Wiederbelebung auf einer Art OP-Tisch, bei der nur die Frau ihr lebensspendendes Wunder wirken kann (sie näht ihn zusammen!), aus dem dann eine Kernfamilie mit ein bis zwei Kindern hervorgeht, kaum verstehen. (Jedes andere Verstehen wäre sozusagen eine krampfhafte Überinterpretation.) Obwohl von Mila Kunis gespielt, soll die Freundin schlussendlich gerade nicht als attraktiv, sondern als alles schmunzelnd gewährende Pflegerin definiert sein und das Kind retten – das plüschige ihrer duldsamen Liebe wie auch das innere ihres Nicht-Mannes. Da zeugt es von einer fast genialen Form ironisch-impliziter Filmreferenz, dass die Hauptdarstellerin aus 'Flash Gordon' in 'Ted' nicht auftritt, obwohl sie aussieht wie Kunis als Omi und ihr Nachname für diesen stellenweise entbärlichen Film fast Programm sein könnte: Ornella Muti.