Der Tod und das Mädchen? Die Schöne und das Biest? Nein, lediglich Johnny und Cleo. Der Protagonist des Films ist Hollywood-Actionstar Johnny Marko. Depressiv von Ruhm und lautem Beifall weiß er nicht mehr, wozu er noch lebt. Muskulös, aber mutlos taumelt unser Johnny hin und her zwischen Stripperformance, Fototermin und Freizeitvergnügungen mit seiner Tochter, die ihn spontan für ein paar Tage in seiner Hotelresidenz besucht. Der Besuch bringt ihn auf andere Gedanken. Cleo wird ihm und dem Zuschauer zur Oase der Unschuld. Jetzt muss Johnny nicht mehr alleine ziellos in seinem Sportwagen umherfahren, jetzt hat er Begleitung.
Die äußere Handlung hält sich von nun an in Grenzen. Das Bemerkenswerte des Films ist die schöne Stille, der meditative Stillstand, der von ihm ausgeht. Kunstvoll schafft Sofia Coppola es, dem Betrachter die dekadente Leere Anderer zu einem sinnlich-poetischen Bild zu stilisieren. Die Banalität des everyday-life in einer von Unmengen von Geld verzerrten Alltagsrealität wird zu einer Situation im Off, in der alles normal verläuft.
Der Einsatz von Musik (The Strokes!) verstärkt das Gefühl, dass das Leben traurig und zugleich schön sei. Und in dieser Tragik hält das ungleiche Paar dann zusammen, nämlich im Hotelpool, indem sie pantomimisch herumalbern in ihrer ganz persönlichen Unterwasser-Stille. Diese Szenen gehen ans Herz!
Die Lebenswelt des Johnny Marko und seiner Tochter Cleo ist überzuckert und zumindest der Vater leidet an diabetischem Dasein. Cleo ist hierbei der Schlagobers der Torte mortale, an der Johnny isst – obgleich er seine Tochter liebt, wird sie es sein, die ihm die Bedeutungslosigkeit seines Lebens vor Augen führt. Die in reizende Kleider gepackte Tochter, die im übrigen Frau Coppola als Kind selbst sein könnte, wird nach ihrem Besuch ins Ferienlager verabschiedet, sodass Papa Johnny alleine im legendären Hollywoodhotel zurückbleibt, weinend, ins Telefon schluchzend: „Ich bin ein Nichts.“
Coppolas Filmwelt strotzt vor eleganter Schlichtheit, einem Modebewusstsein, einer dekorativen Innerlichkeit der Gegenstände. Das Problem bei all der Kritik ist: Der Film ist stimmungsvoll, auch wenn man die Verzücktheit und Unschuld der schönen Blondinen nur schwer erträgt. Die Dinge und die Menschen, beide schreien unentwegt: Ich bin schön und gut! Eine Käsereibe zum Beispiel wird nebensächlich von Cleo zum Kochen behandelt, zugleich aber bildlich gefeiert in ihrer Form und Chromfarbigkeit: Zurückhaltend, funktional, edel, sensibel, unschuldig, empfindsam – und einfach schön – das ist auch ein Bild der Frau in Coppolas Filmen.
An drei Stellen im Film fällt die Magie der Oberflächlichkeit und Eintönigkeit auseinander. Cleo heult im Auto, sie vermisse ihre Mutter – plötzlich, wo sie doch die letzten 90 Minuten perfekt und entzückend war, zeigt sie sich verletzlich. Dramaturgie setzt ein – nur eben ein bisschen spät. Als auch Johnny weinen muss, wird klar, das Prinzip Familie rührt alle an, geht allen nah, selbst dem narkotisierten Hollywoodstar im Chateau Marmont.
Am Ende steigt er überaus metaphorisch auf weitem Feld aus seinem Porsche, um zu Fuß weiter zu gehen, um am Ende noch „ein neues Leben anzufangen“ Hier versagt das virtuose Händchen der zarten Oberflächen, weil diese Plakativität die schwebende Bedeutungslosigkeit sprengt, die bisher so gleichförmig dahinplätscherte.
Johnny und Cleo sind irgendwo zwischen Fülle und Leere. Erzählt aus der Sicht des frustrierten, von Tabletten, Alkohol und L.A.-Models überdosierten Johnny, der seine Tochter liebt, aber sonst nichts mehr, geht sein Drama gänzlich an der Tochter vorbei. Sie sitzt unschuldig im goldenen Käfig. Die Frage ist nur, wie lange noch? Sie ist und bleibt einfach nur schön. Immerhin ein Riss in Johnnys glattem Bruch.
Portrait der Bedeutungslosigkeit – Ja! In souveräner Stimmung und Stilistik – Ja! Aber was will uns Sofia Coppola auf der Metaebene damit sagen? Das Problem ist das Substrat, auf dessen Grundlage Coppola ihre Poesie entfaltet. Warum will sie gerade das Milieu der Superreichen zum Schweben bringen? Wenn der Film Poesie des Lebens sein soll, dann handelt es sich hierbei um eine dekadente Metapher, die zwar klingt, aber ins Leere geht.