Eine saubere ZDF-Produktion, die die Geiselnahme auf der Olympiade 1972 in München nachspielt – bis zum Tod der Geiseln und Geiselnehmer im Kugelhagel der Polizei. Die Szenen sind entsprechend der TV-Kriterien bis in den letzten Winkel ausgeleuchtet. Die – bekannten – Schauspieler sprechen klar und nuancenlos; aber vielleicht ist auch der Ton im Studio nachsynchronisiert. Gezeigt werden für die ZDF-Zuschauer vorzugsweise Zuschauer, die vor 40 Jahren ZDF geguckt haben, live. „Das Fernsehereignis“, sagte damals ein ZDF-Moderator ergriffen, und heute befand Reinhold Elschot, stellvertretender ZDF-Programmdirektor, dass der „München 72“-Film „in bester Tradition der historischen Events des ZDF“ stehe.
Entsprechend fürsorglich wird des heutigen ZDF-Zuschauers gedacht. Bei einem Ortswechsel wird er durch einen Untertitel informiert, dass die Stadt Amsterdam in „Holland“ liege. Für Spannung sorgt ein ZDF-Reporter, der mit dem schon klassischen „gleich wird etwas geschehen“ die Aufmerksamkeit weckt. Den human touch vertreten die telefonischen Liebeschwüre eines Ehepaares („Ich liebe dich unendlich“). Vor allem aber sehen wir sauber sprechende Köpfe von Polizeibeamten und Vorgesetzten einschließlich – ausführlich – den bayerischen Innenminister, der leider wegen des Kompetenzwirrwarrs im Grundgesetz am Eingreifen gehindert ist.
Um den Beamtenlook des Films nicht zu beschädigen, verzichtet der ZDF-Film, abgesehen von den Liebeschwurszenen, fast gänzlich darauf, sich mit dem zeitgeschichtlichen Kontext des Attentats (Reaktionen in Israel und im Libanon) zu beschäftigen. Sehr klar wird aber herausgearbeitet, wofür das Attentat gut war. In der BRD wird von den sprechenden Beamtenköpfen die Spezialeinheit GSG9 gegründet, und diese wird in Mogadischu Geiselleben retten. Die Scharte von München ist ausgewetzt. – Wie gesagt, ein sauberer ZDF-Film.
Dieser Text erschien zuerst in: Konkret 03/12