Ich, Álex de la Iglesia, feier dich jetzt mal richtig derbe ab!!! (Nur echt im Til-Schweiger-Style mit mindestens drei Ausrufezeichen.) Dafür trommel ich all deine Weggefährten zusammen, lieber Lionel Messi, von den Sandkastenfreunden über deine ehemaligen Lehrerinnen, von den Mannschaftskollegen beim FC Barcelona bis hin zur spanischen Sport-Journaille, setze sie alle gemeinsam in ein Restaurant und lasse sie Anekdoten und Erinnerungsfetzen hin und her spielen wie du deine Doppelpässe auf der Briefmarke mit Ronaldinho oder Samuel Eto’o. Das ergibt zwar noch keinen abendfüllenden Film, aber du hast ja mit deinem enormen Fundus an bildschönen Toren und dynamischen Slalomläufen durch die gegnerischen Abwehrreihen genügend Material vorgelegt, den Rest füllen wir mit herzerweichenden Reenactments aus deiner Kindheit auf. Und nach diesem Film wird niemand mehr daran zweifeln: Du bist der Größte!!!! (Danke, Til, dass du mir noch ein paar Ausrufezeichen übrig gelassen hast.)
Ein Dokumentarfilm also über das Leben und Werk des argentinischen Fußballkünstlers Lionel Messi, inszeniert vom Regisseur der Genreperlen „Aktion Mutante“, „Perdita Durango“ und „La comunidad“, konzipiert vom Fußballphilosophen Jorge Valdano, ehemals Spieler und Trainer bei Real Madrid sowie würdiger Weltmeister 1986, unter anderem durch sein 2:0 im Finale gegen Deutschland. Damit ist der Film selbstredend kein Unikat, allein im deutschsprachigen Raum tummeln sich zahlreiche Spielerdokumentationen über Lichtgestalten wie Franz Beckenbauer oder Individualisten wie Mehmet Scholl und Thomas Broich. Von einer künstlerisch ambitionierten Annäherung an die Sportart und einen seiner herausragenden Vertreter wie etwa „Zidane – Ein Porträt im 21. Jahrhundert“ oder Hellmuth Costards „Fußball wie noch nie“, die die Spieler Zinedine Zidane respektive George Best aus ihrem Umfeld herauslösten und auf eine Abstraktionsebene hievten, ist „Messi“ so weit entfernt wie ein Bolzplatz im argentinischen Rosario vom Fußballtempel Camp Nou.
Strikt linear klappert der Film die einschneidenden Lebensstationen seines Protagonisten ab, ohne auch nur jemals in die Nähe einer tiefergehenden Analyse seines Talents, seines Spielverständnisses oder seines Ehrgeizes zu kommen. Der erste Satz des Films, mehrfach deklamiert von Alejandro Sabella, dem ehemaligen argentinischen Nationaltrainer, lautet: „Messi ist ein Genie!“ Über diese Erkenntnis kommt der Film während seiner gesamten Laufzeit nicht wesentlich hinaus. Widersprüchlichkeiten und Brüche, die eine Biographie erst richtig interessant werden lassen – und damit auch einer Dokumentation würdig – werden dort großzügig umschifft, wenn sie denn überhaupt vorhanden sind; dafür geriert sich Lionel Messi abseits des Platzes zu wenig als schillernde Persönlichkeit, ganz anders als sein Erzrivale um den Titel des besten Spielers des 21. Jahrhunderts, Cristiano Ronaldo. Nebenbei sollen Messis Interviews an Plattitüden nicht zu überbieten sein – entscheidend ist halt auf’m Platz.
Doch auch die Spielszenen, an denen sich der Film berauschen könnte, gehen fast unter in dem konstanten Strom belangloser Wortmeldungen an den verschiedenen Restauranttischen. Es vergehen keine drei Sekunden, die nicht vollgequatscht werden mit Nichtigkeiten oder Bewunderungsstatements. Nur punktuell, wenn sich etwa Johan Cruyff einschaltet, wird zumindest die Spielerpersönlichkeit Lionel Messi und ihre Entwicklung zum Leader genauer betrachtet. Der überwiegende Part der Restaurantszenen kommt kaum über das Niveau einer durchschnittlichen „Doppelpass“-Sendung hinaus, das Ambiente zwar gehobener, Kontroversen dafür in Watte gepackt. Ärgerlicher nur noch die nachgestellten Szenen aus Messis Kindheit und Jugend, die allein zur Heldenverklärung dienen und lediglich die tausendfach erzählte Aufstiegsgeschichte, nur mit leicht variierten Ingredienzien wie Wachstumsstörungen oder den frühen Tod der Oma, durch deklinieren.
So begnadet Lionel Messi als Fußballer ist, diese höchst mittelmäßige und erkenntnisarme Filmbiographie hat er wahrlich nicht verdient. Aber möglicherweise gefiele dem erratischen Sportler genau das – er will ja nur spielen.