„Scheiße, Scheiße, Scheiße, Scheiße…“ Nur in der ersten Szene regt sich Asta Andersen so richtig auf. Sie liegt da, wälzt sich, rauft ihre roten Haare und wiederholt in einem enervierten und enervierenden Singsang das Wort „Scheiße“. Asta (Sarah Ralfs) arbeitet als Kuratorin an einer Ausstellung, die „Das Kino! Das Kunst!“ heißen soll. Als sie in einem Radiointerview kritische Thesen vertritt, gehen ihr die Geldgeber flöten. Sich nicht künstlich aufzuregen, eine geradezu stoische Ruhe zu bewahren, scheint Astas Stärke zu sein in ihrer Odyssee durch die Gremien und das Berlin der Gegenwart. Ob bei dem Zusammensein mit einigen Kreuzberger Türken, die sich in der Initiative „I Love Kotti“ gegen steigende Mieten engagieren oder beim Warten auf einen indischen Geldgeber.
Asta ist äußerst hip und extrem kultiviert. Diedrich Diederichsen schreibt zu ihrem Namen: „Die Hauptfigur Asta heißt wie eine Stummfilmdiva und ein Allgemeiner Studierendenausschuss – wenn das nicht genau die Synthese ist, aus der die hier Handelnden und Portraitierten gebacken sind: Diva und Drittmittelantrag.“ Asta und der Film arbeiten sich zunächst an einem Berg von Theorie ab. Sehr buchstäblich. Auf dem Schreibtisch stapeln sich Bücher von Kracauer und Luhmann, Ausgaben der Zeitschrift „Frauen und Film“ und das Feuilleton der „Zeit“. Rezitiert, vorgelesen werden Horkheimer und Adorno und Brecht und der Immobilienteil einer Berliner Zeitung, der besagt: die Mieten explodieren. Und zwar unter anderem, unter Astas Regie, von Frauen und Männern mit Down-Syndrom, die offensichtlich das Gelesene selbst nicht verstehen. Dazu gibt es Fassbinder. Asta sitzt so mittig in einer starren Einstellung, umgeben von anderen Menschen wie es, so erklärt sie, Hanna Schygulla in „Acht Stunden sind kein Tag“ tat, um den Mehrwert zu erklären. Und auch bei RWF wurde ja oft gelesen und rezitiert. In „Die dritte Generation“ etwa Rimbaud und Sprüche von den Wänden öffentlicher Toiletten.
Dass es einen Fassbinder im heutigen Medienbetrieb nicht mehr gibt, liegt, so die Kritik von Max Linz‘ erstem Film, unter anderem daran, dass durch die Vergabe von Fördergeldern ein Konsens produziert wird, in dem Dissidenz systematisch der Geldhahn zugedreht wird. Widerspenstigkeit wird, wie es Asta erleben muss, mit einer prekären Situation in der Finanzierung der Projekte bestraft. Dabei verschweigt der Film nicht, dass die Position der Kulturschaffenden dennoch eine privilegierte bleibt. Hat Asta doch zumindest immer noch eine reiche Mutter, auf die sie zurückgreifen kann, und die ihr – man hat ja Beziehungen – zur Seite steht.
„Als die Mauer noch stand,“ sagt Asta an einer Stelle, „konnte der Reaktionär zur Kritikerin sagen: Dann geh doch rüber! Heute heißt es: Vielleicht bist du bei der bildenden Kunst besser aufgehoben.“ Den Dichotomien von hier/drüben, Kino/Kunst setzt Linz eine größtmögliche Integration entgegen. „Ich will mich nicht künstlich aufregen“ ist nicht nur ein Film, der aus vielen kleinen Filmen, aus einer Vielzahl von Miniaturen zusammengesetzt scheint, die eher durch die Präsenz der Hauptfigur zusammengehalten werden als durch einen Plot im eigentlichen Sinne, es geht ihm auch um intermediale Verknüpfungen, darum, Galerie und Online-Archiv, Sitcom und Nachrichtensendung und Videoinstallation in sich aufzusaugen.
Linz‘ Film wurde bei der Berlinale 2014 uraufgeführt und sorgte für einigen Diskussionsstoff. Ob, wie mancherorts behauptet, die Darstellungen des Kulturprekariats in Klischees münden oder die künstliche Aufregung in Linz‘ Auseinandersetzung mit der dunklen Seite des Kulturbetriebs überwiegt, sei dahingestellt. Immerhin erhält das Finanzierungsleid der vielen Berliner Kulturschaffenden in Asta eine reizende Konkretion. Und einige der Miniaturen, die die Bausteine dieses Films ausmachen, sind verdammt hübsch anzusehen. Die Körper, die beim „Brecht-Yoga“ im Top Shot kreuz und quer auf Matten im Raum angesiedelt sind. Das in Arbeiterpathos schwelgende Wandgemälde Astas türkischer Freunde. Asta im vollen, überbordenden Grün eines Brandenburger Waldes, ein Esel gesellt sich zu ihr, in einer Einstellung wie gemalt.