Ben, gehobener Mittelstand, der den Weg der familiären Sicherheit gegangen ist; und Andrew, der als weltenbummelnder Möchtegernkünstler stets seiner Freiheit gefrönt hat: diese beiden Freunde, die das Leben kennen, die einander kennen und sich selbst, entwickeln einen wagemutigen Plan, so kühn, dass sie all ihre Courage zusammennehmen müssen, um überhaupt zu verstehen, wie sie damit umgehen sollen.
Zuvor war Andrew in Bens trautes Heim geplatzt. Ben ist häuslich, ein liebender Ehemann, der mit seiner Frau kräftig am Projekt Nachwuchs arbeitet – der erwünschten Krönung ihrer Kleinstadtidylle. Andrew ist ein Globetrotter, ein Freigeist, der immer und überall dabei ist, sich in der Underground-Kunstszene rumtreibt, durch Marokko und Südamerika als Backpacker unterwegs war: einer, der sein freakiges Bohemien-Dasein offensiv zelebriert. Ein Zusammenprall der Gegensätze ist es, als Andrew eines Nachts bei Ben vor der Haustür steht. Aber selbstverständlich darf er dort unterkommen, schließlich waren sie im College die besten Freunde; auch wenn sich ihre Lebenswege weit voneinander entfernt haben.
Mit Andrew kommt ein Element der Freiheit in Bens Spießerleben; und nicht nur, dass Ben am Abend darauf ein lange geplantes romantisches Abendessen verpasst, ärgert seine Frau. An diesem Abend gleitet Ben in eine Welt hinab, die er nicht kannte: Andrew hat schnell die örtliche Künstlerszene ausgemacht, jetzt feiern sie Party: „It’s a place called Dionysos, and they’re not kidding.“ Hier, in alkohol- und drogenumschwängerter Nacht, in libertinärer Atmosphäre, reift ihr verrücktes Vorhaben: für das Humpfest, ein regionales Porn-Art-Festival, wollen Ben und Andrew ein eigenes Projekt entwickeln: einen Amateur-Schwulenporno mit dem Clou, dass sie beide als Darsteller hetero sind. Ein Porno als Manifest ihrer nicht-sexuellen Freundschaft – das muss ja wohl wirkliche Kunst sein!
Regisseurin Lynn Shelton ist ganz genau in der Charakterisierung ihrer Figuren, die nie ins Karikatureske abgleiten. Vielmehr setzt genau in dieser absoluten Gegensätzlichkeit einer Freundschaft die Dynamik ein: Ben, der Spießer, sehnt sich heimlich nach dem Geruch von Freiheit und Abenteuer, und Andrew, der free bird, sucht eigentlich ein Nest, etwas Festes, an das er sich halten kann. Auf der Schiene dieser Männerfreundschaft funktioniert Sheltons Film wunderbar – und nein, natürlich sind die beiden strikte Heteros, ganz klar. Aber wie soll man das anderen erklären, wenn man vorhat, einen Männerfick zu filmen? Wie soll sich Ben vor seiner Frau rechtfertigen? Wird ihre Freundschaft bestehen bleiben, wenn zuviel Körperlichkeit aufkommt? Mehr zumindest, als bei einem männlichen Sport wie Basketball erlaubt ist, auch wenn der ebenfalls dazu führen kann, dass sich zwei Freunde ineinandergeklammert über den Rasen wälzen, zur Verwunderung der Nachbarskinder…
Das ist eine Beziehungskiste mit viel Komikpotential, das mit gutem Timing und guten Darstellern gut ausgeschöpft wird – es geht natürlich um die Männlichkeit, um die Frage, wie schwul man eigentlich ist, wenn man sich für hetero hält; und ob eine Abweichung von der Norm eigentlich so schlimm ist.
Und vielleicht ist es das, was dem Film selbst fehlt: ein wenig mehr Unkonventionalität, ein wenig mehr Wagemut hätte man sich gewünscht. Natürlich ist dies ein Independent-Film, und eine Komödie, die sich einigermaßen ernsthaft mit Fragen der Grenzen des eigenen, festgefügten Heterokosmos auseinandersetzt, ist im Mainstream eigentlich nicht so recht zu finden. Aber „Humpday“ besteht eben trotz allem aus den Feelgood-Elementen der Hollywood-Studiokomödie: Freundschaft versus Liebe, Lügen und Missverständnisse, das Aufeinanderprallen verschiedener Lebensgefühle, warmherzige Figurenzeichnungen, das sich Öffnen für den Lebenspartner und den Freund, an denen man neue Seiten entdeckt, eine stetige Gewissheit von so etwas wie einem Happy End. Zwar wirkt die Prämisse unkonventionell: ein Schwulenporno von Heteromännern fürs Porno-Kunst-Festival. Aber das ist nur der Katalysator für eine Buddy-Geschichte, bei der am Ende, beim Höhepunkt, die Freunde dann doch den Schwanz einziehen. Was irgendwie auch Shelton in ihrer zu gefälligen, zuwenig eigentümlichen Inszenierung tut.