Die Stimmung ist ausgelassen, die Familie wirkt irgendwie anarchisch, ihr Haushalt konfus und chaotisch. Wenn die fünfköpfige Schicksalsgemeinschaft nachts auf dem stillgelegten Autobahnteilstück vor ihrem Haus Rollschuh-Hockey spielt, erscheint das, gemessen an den Umständen, zugleich natürlich und bizarr. Das fröhliche Gefühl der Freiheit, zugespitzt beim anschließenden ungezwungenen Toben im Badezimmer, das wegen seiner großen Intimität ein Hauptschauplatz des Films ist, grenzt an eine tiefe Verlorenheit. Diese liegt wie eine dunkle, beunruhigende Ahnung von Anfang an über Ursula Meiers hervorragendem Kinodebüt „Home“. Das abgelegene, unfertige und teils vermüllte Anwesen im Niemandsland, dem englischen Titel gemäß zugleich Wohnstatt und Heimat, hat den Zusammenhalt ganz selbstverständlich gestärkt und ist doch keine Insel der Seligen. Vielmehr geht der Druck trotz ausgeflippter Hemmungslosigkeit immer stärker nach innen, und zwar proportional zur Beschneidung des Außenraums.
Die 1971 in Besançon geborene westschweizer Regisseurin hat in diesem Zusammenhang von einer Art umgekehrtem Roadmovie gesprochen. Ihr zwischen Burleske und Drama angesiedelter Film sei eine „Expedition ohne Ortswechsel“ und eine „Reise ins mentale Innere“. Denn als nach jahrelanger Verzögerung die Autobahn schließlich doch noch eröffnet wird, verwandelt sich die ohnehin prekäre Familienidylle allmählich in einen Alptraum aus Lärm, Gestank und Dreck. Dabei interessiert sich Ursula Meier weniger für die soziale als vielmehr für die existentielle Dimension ihrer schwarzhumorigen Parabel. Immer beunruhigender wird die beklemmende Klaustrophobie, in der sich die Familie mit dem Beginn der Sommerferien ganz selbstverständlich einrichtet und die schließlich in einer totalen Isolation mündet. Das Zuhause verwandelt sich durch die absurde Anpassungsleistung seiner Bewohner in ein Gefängnis, in dem subjektiver Wahnsinn und häuslicher Terror allmählich die Oberhand gewinnen.