Ich sage nicht, Dietrich Brüggemann hätte 'Heil' nicht drehen sollen, bietet er doch manchmal die ein oder andere brauchbare Detaillösung und gute Darsteller. Aber vielleicht: so nicht.
Sebastian, Vorzeige-Deutscher mit Migrationshintergrund und Buchautor, landet mit seinem Bestseller in einem ostdeutschen Kaff. Als ihm die ansässige Skinheadschar eins mit dem Baseballschläger verpasst, verliert er den Verstand und plappert künftig alles nach, was ihm die Schlips- und Kragen-Nazis einflüstern. »Ausländer raus« klingt authentischer, wenn’s ein Ausländer sagt, so die Devise. Politiker wie TV-Anstalten nehmen es mit Freuden wahr, Verfassungsschützer überschlagen sich beim Pampern der todbringenden Kameradschaften. Liebe, Antifa und Fettsucht spielen auch mit.
In dieser Komödie geben sich Behördenskandale, mediale wie politische Verwurstung von Neonazis und Integrationsdebatte die Hand. Das hätte was werden können – hätte Brüggemann auch mal was hinterfragt. Statt dessen steht das Kinoformat Deutsche Komödie im Vordergrund: Die deutsche Wirklichkeit bildet nur den Hintergrund für meist simpel gestrickten Humor. Was wäre gewonnen, würden Nazis »White Power« mal richtig schreiben? Schau mal, der Richter ist wirklich blind auf dem rechten Auge, Racial Profiling kann ja so lustig sein!
An den Schauspielern liegt’s nicht. Bestnoten verdient ihre Performance, wenn sie aus dem Komödienstadl heraustreten: etwa der brillante Jacob Matschenz als brutalisierte SA-Nachwuchskraft, der offenkundig ausblendet, dass er in irgend etwas Spaßigem mitspielt.
Aber ehrlich gesagt war der Film für mich schon nach 20 Sekunden beendet. 'Heil' beginnt mit drei kurzen Einstellungen, dazu eingeblendet die Zeile »Deutschland 1945«: Zuerst sieht man die deutsche Wehrmacht im Einsatz, dann Hitler, dann einen Leichenberg im KZ. Dann beginnt der lustige Film. KZ-Opfer als Opener für eine Parade lauwarmer Gags: Brüggemann und seine Geldgeber von der öffentlich-rechtlichen Filmförderung sollten sich mal fragen, ob sie noch alle Tassen im Schrank haben.
Dieser Text ist zuerst erschienen in: Konkret 07/2015
Hier gibt es eine weitere Kritik zu 'Heil'.