„Sieger im Sport, Gewinner im Leben und aufrichtige Bürger der USA“, lautet die Trainer-Philosophie von John du Pont. Zu Beginn machen weder seine sportlichen Erfolge noch seine Aufrichtigkeit aus Mark Schultz einen Gewinner. Die Goldmedaille, die er im Ringkampf bei den olympischen Spielen 1984 holte, kommt in einen Schrein voll anderer Trophäen in seiner kargen, eher ärmlichen Wohnung. Der Himmel ist grau, die Straßen schimmern regennass und die Breitbild-Fotografie scheint vor allem dazu bestimmt, weite Räume zu schaffen, in denen sich die Einsamkeit, die Isolation zeigt, in der Mark (Channing Tatum) lebt. Das Einlösen eines Schecks über 20 Dollar steht auf der Tagesordnung und Instant-Nudeln stehen auf dem Speiseplan. Außerdem trainiert er weiter unermüdlich den Sport, der ihm offenbar kein großes, sonders bislang eher ein ziemlich tristes Leben beschert hat.
Sein Glück scheint sich zu wenden, als der exzentrische Milliardär John du Pont (Steve Carell) zu ihm Kontakt aufnimmt. Du Pont, der mit seiner eiskalten und herrschsüchtigen Mutter (Vanessa Redgrave), die Zuneigung einzig für ihre Pferde zu kennen scheint, in einem riesigen Anwesen residiert, hat es sich in den Kopf gesetzt, den amerikanischen Ringsport zu retten und setzt dabei ganz auf Mark, der sich so zugleich aus dem Schatten seines älteren Bruders, Dave (Mark Ruffalo), zu befreien sucht . Dave hat ihn quasi aufgezogen und war, selber Ringer, auch bei seinen sportlichen Erfolgen sein Mentor. Anfangs will Du Pont auch Dave für sein Vorhaben gewinnen, der ihm aber wegen seiner Familie zunächst eine Absage erteilt.
Aus der wahren Geschichte um die Ringer-Brüder Mark und Dave Schultz und ihren aus einer milliardenschweren Industriellen-Dynastie stammenden Trainer John du Pont machen Regisseur Bennett Miller und seine Autoren 134 Minuten episches Männerkino. Old School, gut abgehangen in seiner Konzentration auf Plot und Schauspieler. So überraschend der finale Plot Point einen auch treffen mag, es scheint doch zwangsläufig zu sein, dass die immer tiefere Verstrickung in Schuld und Abhängigkeit schließlich eine mörderische Dynamik entwickelt. Den Kern der Erzählung bildet die Beziehung von Mark zu Du Pont. Das unbedarfte, furchtbar naive Muskelpaket, dem Channing Tatum eine zugleich einschüchternde und mitleiderregende Präsenz verleiht, auf der einen Seite, der Milliardär, der sich nicht von seiner Mutter, die gut der Fantasie Alfred Hitchcocks entstammen könnte, lösen kann, auf der anderen. Du Pont gewinnt Mark nicht mit den Versprechungen des großen Geldes, von dem Mark so überhaupt keine Vorstellung hat – gefragt, wie viel er für sein Engagement haben möchte, antwortet Mark 25.000 Dollar pro Jahr; die größte Summe, die ihm in den Kopf kam –, sondern mit seinem patriotischen Gerede von Aufopferung und Freiheit. Wenn Du Pont Mark zu sich aufblicken lässt, wie zu einem Vater, und dabei zum Beispiel seine ausgeprägt selbstzerstörerische Seite mit Kokain füttert, reproduziert er das Dysfunktionale, die Fixierung an eine so übermächtige wie gnadenlose Elternfigur, die ihn selbst gefangen hält.
Es liegt quasi in der Natur der Sache, dass Dave zur Nebenfigur wird – trotz eines gut aufgelegten, bärtigen Mark Ruffalos. Das Glück in der bürgerlichen Kleinfamilie – was hier vor allem zu heißen scheint: das Glück mit einer Frau – wird beiläufig und kurz gezeigt, um ein „normales“ Außen zu den überlebensgroßen Neurosen und Ambitionen der Männer im Zentrum des Films zu konstruieren. Es erscheint keineswegs als Zufall, dass den Mittelpunkt dieser Ambitionen das Ringen bildet, ein Sport, in dem sich schweißnasse Männerkörper engumschlungen im Kampf begegnen. Dass Du Ponts Mutter, in der einzigen Szene, in der einer Frau überhaupt etwas mehr als ein paar Sekunden screen time vergönnt sind, deutlich macht, dass sie für die neue Leidenschaft ihres Sohns nichts als Verachtung übrig hat, lässt das Ringen im Film – mehr als sowieso schon – als Flucht vor der Frau erscheinen.
Die Dramaturgie des Sportfilms wird schon dadurch ausgehebelt, dass die eindrücklichste und physischste der Kampfszenen schon relativ zu Beginn des Films vorkommt: ein Trainingskampf zwischen Mark und Dave. Doch die Kritik an der Erzählung vom Außenseiter, der against all odds und mit gutem Karma zum Sieger wird, geht wesentlich tiefer. Es ist die Ideologie, gewinnen zu müssen, die hier angegriffen wird. Über Siege geht der Film auch deshalb so lakonisch hinweg, weil es in ihm niemanden gibt, der in der Lage wäre, sie zu feiern. So bleibt auch am erschütternden Ende vielleicht insgeheim Mark, der weiter kämpfen, weiter gewinnen muss, die tragischste der tragischen Figuren des Films. In einer Welt, in der der Sieg zum Imperativ wird, das Gewinnen zum Muss, gibt es in diesem Film letztlich nur Verlierer.