Um deine Leidenschaft zu befriedigen, musst du nämlich auch dein Gewissen befriedigen“, sagt der französische Filmemacher und Schauspieler Emmanuel Mouret. Sein neues kinematographisches Kleinod „Die Kunst zu lieben“ (L’art d’aimer), das viele Referenzen hat und (von Eric Rohmer und Jacques Demy bis zu Pascal Bonitzer und Christian Vincent) viele Erinnerungen an das französische Kino unbestimmt zum Schwingen bringt, handelt insofern von einem moralischen Dilemma: Wie lässt sich die „instabile Natur“ der Leidenschaft sowie ihr moderner Anspruch auf Freizügigkeit und Offenheit in Einklang bringen mit den Skrupeln des moralischen Gewissens? Oder anders gefragt: Wie verträgt sich die Theorie des sexuellen Begehrens mit der Praxis der Liebe? Im Prolog seines episodisch gebauten, locker geknüpften Films lässt Mouret einen jungen Komponisten ebenso sehnsüchtig wie vergeblich nach der wahren Liebe suchen. Zwar findet er die richtige Melodie, aber kein Herz, das durch sie zum Klingen gebracht werden würde.
Auch die meisten anderen Figuren in Emmanuel Mourets ironisch-verspieltem Lehrstück empfinden ein Verlangen, das einerseits ungestillt bleibt und sich andererseits auf unerwartete Weise doch erfüllt. Die tragische Exposition dient insofern als Kontrastfolie, um das Gelingen der Liebe ins rechte Maß zu setzen. So landet etwa ein junges, verliebtes Paar, dessen Partner sich die Freiheit des Fremdgehens zugestehen, nach verschiedenen vergeblichen Versuchen und Missverständnissen doch wieder bei sich selbst. Oder eine verheiratete Frau, gespielt von Ariane Ascaride, die einen unbändigen Hunger nach anderen Männern verspürt, wird gerade durch die von ihrem Mann gewährte Freiheit, umso stärker an ihn gefesselt. Auch für Isabelle (Julie Depardieu), die seit langem einen Liebhaber entbehrt, erfüllt sich das Liebesglück auf eher unerwartet unkonventionelle Weise.
Als müssten die Liebesuchenden zunächst einander fliehen, um sich (wieder) zu finden oder um sich ihres Gefühlsschatzes zu vergewissern, unterziehen sie ihr Begehren einer Prüfung, die den Wunsch mit der Wirklichkeit verhandelt. Doch selbst dort, wo der Traum Realität wird, lässt sich diese nicht einfach ergreifen. „Lehne nie ab, was dir angeboten wird“, lautet eines der Mottos, die Emmanuel Mouret den einzelnen Tänzen seines romantischen Liebesreigens vorangestellt hat. Oder auch, gleich zu Beginn des bezaubernd leichten filmischen Rondos: „Es gibt keine Liebe ohne Musik.“ Tatsächlich spielt diese selbst nicht nur eine prominente Rolle, sondern sie strukturiert als erzählerisches Mittel mit ihren Wiederholungen und Variationen, mit ihren Einschüben und Tempowechseln auch die Form des Films. Dieser ist in seiner künstlichen Abgeschlossenheit nie etwas anderes als reines Kino(vergnügen), mit dem Mouret bis in die Ausstattung und das Dekor hinein nach der perfekten Synthese von Form und Inhalt sucht.