Für wen macht Ken Loach eigentlich seine Filme? Die schlecht bezahlten Reinigungskräfte und illegal in die USA geschleusten Flüchtlinge, von denen 'Bread and Roses' erzählt, werden ebenso wenig zu seinem Stammpublikum zählen wie sein übriges Filmpersonal: Alkoholiker, Bauarbeiter, alleinerziehende Sozialhilfeempfängerinnen. Und dass er die höhergestellten Feinde seiner Schützlinge, die Bauherren, Sozialamtsvorsteher, Ausländerbehördenleiter und Bürobesitzer bekehrt, ist eher unwahrscheinlich. Denn wer außer denen, die Loachs Haltung ohnehin schon Sympathie entgegenbringen, guckt sich einen Film über den Arbeitskampf von Reinigungskräften in den USA an?
Ich habe den Film durchaus gern gesehen, aber auch für mich ist er nicht gemacht: Zu sehr identifiziert sich der Regisseur mit seinem Protagonisten Sam, dem Gewerkschaftsführer. Wie Sam versucht, mit eindringlichen Parolen und Schaubildern die Reinigungskräfte zum Streik zu mobilisieren, so vereinfacht auch Ken die Zusammenhänge seiner auf einem authentischen Fall beruhenden Geschichte, als wolle oder könne er das Massenpublikum eines Hollywoodfilms erreichen: Der Leiter der Reinigungsfirma, die ihre Arbeiter zu Hungerlöhnen und ohne Krankenversicherung schuften lässt, ist auch menschlich ein Schwein, die Putzfrauen und -männer sind – auch wenn die Laiendarsteller alles andere als schemenhaft agieren – sämtlich das Gute in Person.
Und während Sam eine VIP-Party zweckentfremdet, um ein Plädoyer für die Gerechtigkeit zu halten, nutzt Loach die Pressekonferenz in Cannes dafür, Solidarität mit Immigranten einzufordern. Sams wie Kens naiver Wille zum Enthusiasmus, ihre Sympathie für die Entrechteten geraten manchmal so penetrant wie eine mit Marschrhythmen unterlegte Gewerkschaftsdemo.
Schade eigentlich, denn natürlich gibt es Loachs Feinde wirklich. Während der Dreharbeiten versuchten benachbarte Firmen, das Filmteam zu vertreiben. Und wenn Loach berichtet, dem Geschäftsführer, der sein Büro als Drehort zur Verfügung stellte, sei gedroht worden, 'dass er nur sehr schwer einen neuen Job finden würde', dann klingt das wie eine Selbstbestätigung.
Dieser Text erschien zuerst in: Konkret 10/2001