Seit drei Jahren lebt der international bekannte südkoreanische Filmemacher Kim Ki-duk abgeschieden und allein in einer Berghütte. Gegen die winterliche Kälte hat er innerhalb des Hauses ein Zelt aufgeschlagen, in dem er campiert. Darin steht ein Rechner, während im anderen Teil der spärlich eingerichteten Behausung ziemlich viel Werkzeug und jede Menge Ersatzteile herumliegen, als handle es sich um die Werkstatt eines Maschinenbauers. Tatsächlich ist Kim Ki-duk handwerklich sehr geschickt, baut etwa eine Espressomaschine oder auch einen Revolver zusammen. Meistens sieht man ihn jedoch beim Kochen und Essen. Diese wiederkehrenden alltäglichen Verrichtungen sind jedoch gegen alle Erwartungen an eine durch das Sujet etwaig nahegelegte meditative Erzählstruktur überraschend schnell geschnitten und zeitlich verdichtet. Das spiegelt zum einen den unruhigen, gequälten Geist des eigenwilligen Filmemachers (und Menschen), zum anderen die Ökonomie seiner Arbeit. Denn Kim Ki-duk hat sein filmisches Selbstportrait „Arirang“ komplett allein realisiert.
„Ich filme mich selbst, um mir klar zu werden über mich und meine Arbeit“, sagt der renommierte und überaus produktive Regisseur in einem der ausgedehnten Selbstgespräche, die im Zentrum dieses schonungslos radikalen, manchmal geradezu fremd anmutenden Films stehen. Ungewöhnlich offen und intim fingiert Kim Ki-duk eine Selbstbefragung, imaginiert er ein zweites Ich, das über die Montage in einen Dialog mit dem spürbar leidenden, zunehmend verwahrlosenden Regisseur tritt. Dabei wird die Kamera einerseits zum Spiegel einer filmischen Selbsttherapie, die mitunter einer verzweifelten Austreibung dunkler Seelenqualen ähnelt; andererseits ist sie das Medium einer Selbstinszenierung, die die Dokumentation immer wieder mit fiktionalen Brechungen unterwandert.
Vor diesem Hintergrund ist „Arirang“ zunächst das Dokument einer künstlerischen Krise und Verstörung. Als bei den Dreharbeiten zu seinem Film „Dream“ eine Darstellerin beinahe ums Leben kommt, löst dies bei Kim Ki-duk ein Trauma aus, das seine Arbeit und ästhetischen Überzeugungen in Frage stellt. Dabei reflektiert er nicht nur die Ethik eines Filmemachens, das ihn zunehmend traurig stimmt, sondern auch die gehetzte Praxis seiner Arbeitsweise, die den nach Erfolg und Anerkennung strebenden Künstler – so seine Beobachtung an sich selbst – zu einer Maschine macht. Aus diesen künstlerischen Zweifeln erwächst schließlich eine allgemeine Sinn- und Lebenskrise, in der sich der schmerzliche Rückblick auf ein einsames Leben und ein neues Verständnis des Todes verbinden. Dieser sei „etwas Weißes, das schwarz wird.“ Immer wieder singt Kim Ki-duk, in Tränen aufgelöst, das titelgebende Lied „Arirang“, verdichtet es zum Schrei einer gequälten Seele. „Mal geht’s bergauf, mal geht’s bergab…“, heißt es darin über die Hinfälligkeit allen menschlichen Tuns im großen Strom der Geschichte.