Ein auffällig platzierter Kaiserschnitt – und Sigourney Weaver ist Mutter geworden. Was da im wissenschaftlichen Brutkasten heranreift, ist jedoch fremdartig, schwer behindert, bissig: eine Missgeburt (Alien). 18 Jahre nach dem ersten Alien-Film pflegt Sigourney Weaver Kontakt mit dem heimlichen Wesen in ihrer eigenen Welt und lässt sich von dem behinderten Kind ausgiebig das Gesicht ablecken. Kuscheleinheiten in der Mutter/Tochter-Beziehung, Kommunikation und Lernprozesse darüber hinaus: Das ist neu im vierten »Alien«. Sogar die Kreuzung von Mensch und Fremdling ist möglich, wie die Experimente im gentechnischen Labor beweisen. Doch der Wissenschaftler ist böse, weil er einen Zopf trägt sowie Stiefelfetischist ist und sich die Wichse, bevor er sie aufträgt, so aufkocht, wie man es vom Fixen kennt.
Zurück zu den Missgeburten. Wie befreit man sich von »lebensunwerten« Behinderten? Wir wissen das alle. Für die Alien-Euthanasie nimmt man heute einen modernen Flammenwerfer. Der erledigt beides in einem: vergasen und verbrennen. Die Reinheit des Menschengeschlechts zu wahren, ist ein harter Job, wenn die Biester, die doch auch irgendwo Mensch sind, einen zwar zähnefletschend, aber immer wieder mit großen Augen und flehendem Blick ankucken – hat unser Alien nicht eine Träne im Auge?! Mutter Weaver, ganz in schwarzem Leder, kommt in einen Mordszwiespalt. Schließlich muss sie sich entscheiden: Soll sie ihr fremdartiges Kind durchbringen? Soll sie sich ihre Freundin Winona Ryder erhalten? Der hatte sie unerschrocken in die Brust gefasst und dabei ein humanoides Geheimnis entdeckt, was hier nicht enthüllt werden soll, weil es dem Kuscheln und Schmusen keineswegs entgegensteht. Auf den Weaverschen Zügen malt sich lang, sehr lang der Kampf ab, der in ihrem Busen tobt. Ihr Blick geht hin und her: das Kind?? Die Freundin?? Wie würden Sie entscheiden?
Eine Frau zwischen zwei liebebedürftigen Wesen. Damit wären wir aus dem Universum der »Alien«-Filme raus. Um das zu vermeiden, klotzt der Film mit einer Überfülle tricktechnischer Innovationen. Man kann nur noch staunen, was da so alles auf dem Markt ist. Im Angebot etwa: Raumschiffbasketball, und der Weaver gelingt ein unglaublicher Korb aus der Drei-Punkt-Zone. Weil wir in einem Frauenfilm sind, werden die Frauen in der Raumschiffkantine von einem Schwarm Dinosaurier verfolgt, welche deswegen Amphibien sind, weil das Raumschiff mit zwei Millionen Liter Wasser gefüllt ist, was nötig ist, damit die Dinos wie Spermien hinter Frau Weaver herjagen können. In dieser in jeder Hinsicht gewalttätigen Dekoration hilft nur die Gegengewalt. Und so sind die vielen derben Splatterszenen des Films einerseits dazu da, den auf die Dauer ermüdenden Kulissenwechsel ein wenig zu beleben, andererseits aber auch dazu, die Aktionen gegen Alien-Gewalt zu legitimieren. 18 Jahre Weaver und kein Ende. Wir dürfen weiter hoffen.
Dieser Text erschien zuerst in: Konkret 12/1997