Im Gegensatz zum neuesten „Godzilla“ (2014) ist in diesem Film leider nichts gewagt und nur wenig gewaltig, und wie die schon mehr als 60 Jahre zurückreichende durchwachsene Kinoserie rund um das atomare Urvieh stammt die Idee für die „Power Rangers“ ebenfalls aus dem Land der kaum kawaii Kaijus. Anfang der 90er von Saban in die USA importiert, starten sie von da an ihren Siegeszug mit bis dato 23 Fernsehstaffeln und zwei Filmen (sowie jeder Menge Merchandise, selbstverständlich). Die Konstellation ist darin stets dieselbe: Fünf bis sechs Teens werden von den Power Coins zum Superhelden-Sein auserkoren, um die Welt vor wütenden Monstern zu retten. Dabei scheint in Film und Fernsehen abzüglich Neuverfilmung noch der Billigcharme der alten Godzilla-Filme durch: quirlige Bösewichter in ostentativ schlechten Latexkostümen fetzen sich mit kampfsportelnden Schablonen-Heroes. In der aktuellsten Reinkarnation haben die Morpher ihre Spandexanzüge und Motorradhelme gegen schnittige tactical suits getauscht, die wie die Monster nun auch aus dem Rechner kommen. Bevor es aber ans rangen geht und es zum großen Showdown in der kleinen Stadt kommt, gibt’s massig kurzweilige Vorgeschichte.
Die zeigt die titelgebenden Outcasts beim Schwerhaben in der ruralen Highschool, was ihnen das Leben an urbanen Colleges, für deren Broschüren sie einmal Modell stehen werden, bestimmt leicht machen wird. Vom schwarzen Nerd und dem weißen gefallenen Footballstar bis zum queeren native girl gibt es für jede und jeden aus der angepeilten Zielgruppe genug Identifikationsflächen. Das lässt freilich die Herzen der Marketingabteilung ebenso höher schlagen wie jene der tumblr-Generation, die nach dem Kinobesuch im Krispy Kreme, einer im Film prominent vertretenen Kaffeehauskette, bei Donut und Schwarzgetränk gemeinsam davon träumen darf, auch mal und nicht nur im Netz die Welt vor den Mächten des Bösen zu retten.
Die reichen dem Film nach bis in die Urgeschichte zurück, in der es anfänglich kurz vom Verrat einer Kollegin am Kollektiv, an dem es zugrunde geht, handelt. Ein paar Millionen Jahre später wird sie wiedererweckt mit Durst nach Vernichtung und Gold. Später stellt sich heraus, dass sie ein riesiges Ungetüm aus dem flüssigen Edelmetall schmieden will, dem nur die geballte Kraft des Teen-Teams gewachsen ist. Vorm Zusammenwachsen müssen die Jugendlichen jedoch gruppentherapeutisch am Lagerfeuer ihr Innerstes nach außen kehren und zu sich selbst finden. Erst als jede/r in der Clique mit sich selbst identisch geworden ist und die Mission aus der Urzeit vollends angenommen hat, morphen sie zu den Power Rangers, die je einen eigenen Robosaurier zugeteilt bekommen. Im Ausnahmezustand verschmelzen sie als mobilgemachte Einzelteile zum „Megazord“ und fordern das glitzernde Ungetüm heraus; ein letztes Aufbäumen des Goldstandards gegen die zermalmende Kraft der schwankenden Flexibots. Am Ende siegen sowieso die Brands und nicht Bretton (Woods).
Die aalglatte und effiziente Inszenierung verbietet den Vergleich, der sich aufdrängt, nämlich mit Michael Bay. Je weiter die Reihe voranschreitet, desto barocker und manieristischer werden seine „Transformers“-Filme, die einen erschlagen mit ihren endlosen, perfekt animierten Maschinenmaterialschlachten, in denen man sich zumindest noch verlieren kann. Der mittlerweile schon vierte, „Age of Extinction“ (2014), ist an manchen Stellen sowieso nur noch ultraabstraktes PoMo-Kino und reine Oberflächenkunst, die in einem Moment entzückt, im anderen einschläfert ob ihres Potentials, durch Robosaurier-Action die Sinne lahmzulegen. Bayham, wie der Name schon sagt, kann eben nur einer, und schon recht kein Dean Israelite, der in seiner zweiten Regiearbeit zwar brav nach Anleitung dreht, aber den Exzess zwanghaft verweigert, es sei denn den, der weiß, wo seine Grenzen liegen, nämlich im Warenkosmos. Ja eh, zwar ist beides Spielwarenadaptionskino, der gelernte Werbefilmer Bay weiß dieses aber aus Erfahrung so weit ins eigene Extrem zu treiben, dass es sich selbst transzendiert und der Leinwand jegliches identifikatorische Moment, ein wesentliches der Reklame, austreibt.
Ganz anders, nämlich viel gemächlicher, malerischer, kultiviert auch der 2014er „Godzilla“ den Blackout, indem er bis zum packenden Endfight nur Streifblicke auf den monströsen Krach aus Sicht der den Naturgewalten Ausgelieferten zeigt. Das Licht und die Transparenz, die vom besten Monstermash seit „King Kong“ (2005) abgezogen sind, macht sich Israelite nun zu eigen: jede Szene, erst recht die Schlacht am Schluss, ist mit den Scheinwerfern beleuchtet, die Gareth Edwards nicht verwendet hat. Die ultimative Positivität von „Power Rangers“ strahlt noch bis in die Handlungsfähigkeit der Helden aus, von denen es in „Godzilla“ eigentlich keine gibt, außer dem gezackten Urreptil. So ist auch der Showdown im Saban-Film nur eine kurze Affäre, die von den Teenagern, die erst kurz zuvor ihre Kräfte entdeckt haben, souverän gemeistert wird.
Der Klimax liegt sowieso woanders, in der Message nämlich, die da lautet: Eigentlich kann jede/r ein/e Superheld/in sein, man muss es nur wollen; und sollte es damit nicht so recht klappen, lässt sich die Omnipotenz zumindest mit den dazugehörigen Plastikfiguren vorspielen. Neben massig Product Placement gibt’s nämlich genug Eigenwerbung, expliziter als im Rest des Films am Ende: Kids im Film zeigen Spaß am Spiel mit Power Rangers-Merchandise. Markt und Macht sind hier so eng verknüpft wie mittlerweile Identität und Politik, und noch die feinsten Unterschiede werden essentialisiert und als Wesensmerkmale zur schlagkräftigen Währung im Kampf gegen den Universalismus, gegen den in seiner falschen Ausprägung sowieso keine/r eine Chance hat, weil eh jeder von ihm gebrandmarkt ist. Die Brands sind King, und wo kein Ausweg aus der Totalität in Sicht, ist die Wahl, die keine ist, sich ihr vollends zu unterwerfen. So wie die diversen Jugendlichen, die sich den Power Coins, von denen sie auserwählt wurden (nicht andersrum), nicht erwehren können; ganz im Gegenteil: Nichts ist ihnen lieber, als sich durch sie aus dem ruralen Moloch, in dem sie leben, zu befreien. In den 23 Staffeln und zwei Filmen hat der Cast regelmäßig gewechselt und auch in der neuesten Adaption sind die Outcasts bloße Diskurseffekte. Anstatt ihre Auswechselbarkeit zu bejahen und auf ihre Überflüssigkeit zu pochen, damit ihnen und allen anderen einmal das Glück zuteilwird, wirklich nicht gebraucht zu werden, stellen sie sich als tapfere Krieger in den Dienst des Weltsouveräns, der als bis tief in die Vergangenheit wurzelnd und nur seiner Verwirklichung harrend imaginiert wird.
Die Power Rangers sind die idealen Warensubjekte, in denen Anforderung und Bedürfnis zum Mitmachen im Betrieb restlos identisch sind. Der fehlende Mut zur Lücke, der „Godzilla“ ebenso auszeichnet wie die „Transformers“-Reihe, wird in „Power Rangers“ noch den Jüngsten, auf die er mit seiner Brand-Attacke zielt, als Tugend verkauft. Schon sie will er mit nostalgischem Reklame-Trash abspeisen, der upcycled zwar leicht verdaulich, aber ungenießbar ist. Zur Not können sie danach immer noch ins Krispy Kreme einkehren, wo die Donuts – Hefeteigkrapfen mit Lücke! – zwar im Magen liegen, aber wenigstens gut schmecken.
PS: Hätte sich Saban doch an Joseph Kahn gehalten, der mit seinem fantastischen Fanprojekt „Power/Rangers“ den Lollipop-Konzernkosmos in dunkle Gefilde übertragen hat. Anstatt allerdings den erfahrenen Regisseur von zahlreichen Werbespots, Musikvideos und mehreren größtenteils eigenfinanzierten Spielfilmen für die Neuverfilmung zu engagieren, hagelte es Abmahnungen. Unter dem Label „Unauthorized“ und mit der Auflage, daraus kein Kapital zu schlagen, durfte Kahns Kurzfilm dennoch weiterhin online bleiben. Ungekürzt ist er u.a. auf YouTube abrufbar und Dean Israelites Version allemal vorzuziehen.