Am 15. Jänner 2009 gelang dem US Airways-Piloten Captain Chesley Sullenberger nach Ausfall beider Triebwerke gleich beim Start eine perfekte Notlandung seines Passagierjets auf New Yorks Hudson River. Alle überlebten; der damals noch wenig bekannte Twitter bot eine frühe Probe seines Tempos beim Themensetzen; das Volk feiert den Piloten und Flugsicherheits-Kleinunternehmer als heldenhaften Retter (zumal im durch Flugzeugeinwirkung leidgeprüften New York). Fünf Tage später wurde Barack Obama erstmals als Präsident angelobt.
Das zeigt Clint Eastwoods US-Kinoerfolg ‚Sully‘. Also, den Piloten. Sullenberger handelt aus Erfahrung und Intuition richtig – und wird dann doch, backstage quasi, von einer unerbittlichen staatlichen Kommission bedrängt: War die Entscheidung, statt einen der nahegelegenen Flughäfen den Fluss anzusteuern, nicht unnötig riskant? Das setzt ihm zu, ebenso der Medienrummel um ihn. Mit dem Dackelblick von Tom Hanks – längst eine Universal-Leidensikone des auf küstennahen Wassern der Zeitgeschichte strandenden White America-Subjekts – schaut er im New Yorker Hotel in den Badezimmerdunst oder aus dem Fenster auf die Häuserschluchten, joggt er keuchend durch die kalte Nacht. Jugenderinnerungen: Die Zeit fliegt dahin – ach, die Air Force! Am Ende dann Gerichtsdrama: Kommission tagt, Simulation irrt, Computerbürokratie verkennt das Menschliche. Männliches Charisma steht gegen entfremdetes Establishment, Bild scharf, Klavier zart: Eastwood-Klassik wie in Flags of Our Fathers‚ und und und. Plot und Abspann sagen: Heroisch ist auch das kooperative Kollektiv – Passagiere mit Katastrophenfilmflair und Airlinepersonal mit Seele (weiß), Rescue Workers in Uniform (Latino und schwarz), Taxler und Standlerin am Rand des Geschehens (indisch). Die Landung läuft mehrmals in Variationen ab: Alptraum, Vision, Sim-Flug, Sinkflug, Aufprall. Der Ausgang ist ja an sich vergangen, also fix und bekannt; aber durch die Wiederholung wird es wieder spannend, auch überraschend.
Für die Ösis in und um uns: Was lehrt uns ‚Sully‘ (zusammen mit anderen Sternstunden des autoritären Amerika)? Hautevolee, die Hochgeflogenen, das ist, auch wenn in Wahlkämpfen von Rechts eingesetzt, ein uneindeutiges Wort. Aus endlos wiederholter Richtungsentscheidung steigt ein Trost und Vertrauen spendender Landespatriarch auf. Das muss kein martialischer Flug- und Sicherheitsexperte sein. Viel besser kommt er als erfahrener, medienscheuer älterer Herr mit Bart und Doppel-L im Nachnamen.