Der Gegensatz ist das Motiv dieser fast lebenslangen, in vielen Briefen dokumentierten Freundschaft. Entsprechend kontrastreich erzählt die französische Regisseurin und Drehbuchautorin Danièle Thompson in ihrem Film „Meine Zeit mit Cézanne“ (‚Cézanne et moi‘) von der ebenso tiefen wie schwierigen Beziehung zwischen dem Schriftsteller Émile Zola und dem gleichaltrigen Maler Paul Cézanne. Wie der Titel des Biopics bereits andeutet, ist dafür die Perspektive des berühmten Autors bestimmend oder zumindest vorherrschend. Weshalb dieser auch gleich zu Beginn, inmitten eines Wusts von Manuskriptseiten, die Erinnerung in Gang setzt und damit auch die verschachtelte, zwischen verschiedenen Zeit- und Ortsangaben wechselnde Erzählkonstruktion. 1888 erwartet Zola an seinem stattlichen Wohnsitz in Médan, was historisch nicht belegt ist, seinen Künstlerfreund aus dem Süden und wirkt dabei eher unwillig.
Während Thompson in ihrem episodisch strukturierten, fast impressionistisch hingetupften Film die Kindheit und Jugend der beiden Freunde in Aix-en-Provence sehr kursorisch und gerafft behandelt und dabei zugunsten einer pittoresken Süßlichkeit einiges verschenkt, dehnt sie den künstlerischen Konflikt der beiden genialisch veranlagten Männer auf fast zwei Stunden. Denn in Paris reüssiert Zola (Guillaume Canet) bald zum gefeierten Schriftsteller, der sich als Kritiker für die umstrittenen Impressionisten einsetzt; er heiratet das Malermodell Alexandrine (Alice Pol), begehrt trotzdem das scheue Hausmädchen Jeanne (Freya Mavor) und ergreift Partei („J’accuse“) in der Dreyfus-Affäre. Dagegen erscheint der stets impulsiv, unangepasst und zornig auftretende Cézanne (Guillaume Gallienne), Spross einer wohlhabenden Familie, als verkanntes Genie, das sich von seinem Freund zunehmend verraten fühlt. Den Gnadenstoß versetzt ihm schließlich die Lektüre von Zolas autobiographischem Buch „Das Werk“, das 1886 (!) erscheint.
Der kompromisslose Avantgardist und Wegbereiter der Moderne, dem künstlerische Anerkennung und finanzieller Erfolg verwehrt bleiben, sieht darin ihre Freundschaft ausgebeutet. Zudem muss er, der selbst die Kunst über das Leben stellt und seine Lebensgefährtin Hortense (Déborah François) instrumentalisiert, erkennen, dass Zola ihn zwar finanziell unterstützt, aber nicht wirklich an ihn glaubt. Einmal sagt Cézanne: „Ich würde gerne so malen können wie du schreibst.“ Dabei ringt Zola insgeheim selbst oft schmerzlich um seine Kunst. Doch das alles wird von Danièle Thompsons etwas langatmigem Film, der an vielen reizvollen Originalschauplätzen gedreht wurde, in ausführlichen Dialogen und hitzigen Wortgefechten mehr behauptet als in Bildern erzählt. Diese bleiben ihrem Gegenstand weitgehend äußerlich. Sogar die künstlerischen Antriebe der beiden Protagonisten muten etwas blass an angesichts einer Freundschaft, die ihren Ausgang bei einem gemeinsam gegen andere Mitschüler ausgefochtenen Ringkampf nimmt.