Der Hudriwudri hat es immer schon gewusst. Schon im Herbst 1991, als 'Terminator 2 – Judgment Day' der teuerste und sechsterfolgreichste Film aller Zeiten war, somit einige Jahre bevor ein Skirennläufer als Herminator verehrt wurde, da trat uns Manfred Deixens Maskottchen einer nach einem anderen Hollywood-Klassiker benannten Zigarettensorte (Casablanca) als Hudrinator in schwarzem Leder entgegen und forderte in barschem Schriftsteirisch: 'Tuats leichte Zigaretten smoken, sonst schiaß i euch a Louch in d´Socken!' Klarer wurde selten formuliert, worin das massenkulturelle Sinnangebot der Marke Terminator besteht: Wie Schwarzenegger bietet auch die Hudrinator-Figur ein hypertrophes Männlichkeits-Image, das zugleich restaurativ und parodistisch, nostalgisch und grotesk ist; wie Arnold appelliert auch Deixens Schweindi ans Gesundheitsbewusstsein ('leichte Zigaretten smoken'); und wie beim Terminator, zumal dem diesjährigen Modell, wird Verzichtsmoral unter despotischer Strafandrohung durchgesetzt.
Nach den Flopps, die Schwarzenegger seit seinem Karriere-Höhepunkt in den frühen Neunzigern gelandet hat, ist Nostalgie, vielmehr: der Wunsch, von der Haltbarkeit von 'Terminator 2' im medialen Gedächtnis zu zehren, verständlich. Deutlich wird dies zumal in allegorischen Momenten, in denen 'Terminator 3' von sich selbst als eventförmigem Dialog mit Zielgruppen und deren Film-Erinnerungen handelt: Wenn der nunmehr 24jährige John Connor, der künftige Anführer der menschlichen Guerilla gegen die Maschinen, den Terminator als seinen Beschützer aus Teenie-Tagen wiedererkennt und ihn fragt, ob er sich nicht an 'Hasta la vista, baby!' erinnere, dann sind unser aller Reminiszenen an Highlights aus T2 angesprochen. Jedoch: Die Alltagskulturgut gewordenen Sager 'Hasta la vista, baby!' und 'I´ll be back!', 1984 in 'The Terminator' geprägt, verwiesen auf ein nächstes Mal und aufs Wiederkommen, mithin auf Ideen von unzerstörbarer Vitalität ebenso wie auf die Tendenz zur Fortsetzung. Das Pendant dieser One-Liner in T3 lautet schlicht 'It is time!', übersetzt mit 'Es ist soweit!'. Im T3-Trailer fungiert der Slogan als Zuruf ans Publikum, das Warten auf den Film habe ein Ende. 'It is time' lässt sich aber auch verstehen als Mahnung an die Zeit, die eben 'ist', und die Wunden nicht nur heilt, sondern auch schlägt. Immerhin: Sollte Arnold nicht gleich 'Governator' werden, sondern noch einen T4 drehen – ein (wenn auch von 'den Maschinen' programmiertes, verhängnisvolles) Wiedersehen von Connor und dem Cyborg in der Zukunft stellt T3 schon in Aussicht.
Das HeldInnen-Team von T2 hatte gegen Filmende dem Verhängnis ein wenig unbestimmte Zukunft, offen wie ein nächtlicher Highway, abgerungen. In T3 hingegen regiert die Zeit als Last dessen, was man so leicht nicht vergisst – im Sinn des Traumas, von dem Psychiater Dr. Silberman in einem Kurzauftritt spricht (sein Darsteller, Earl Boen, spielt neben Schwarzenegger als einziger in allen drei Terminator-Filmen mit), und im Sinn von Zitat und Wiedererkennen: An Nosferatu und Django, zutiefst nekrophile Kino-Ikonen, gemahnt Arnold mit geschultertem Sarg; die Kampfroboter-Prototypen im Showdown könnten aus 'Robocop II' stammen; der TV-Trailer zu T3 verurteilt uns zum Wiedererkennen einer im Filmbild prangenden Packung Manner-Schnitten. Subtiler ist da das Bild- und Wortspiel mit der durch die Wüste schwebenden Blase, die den Terminator ins Heute transportiert: Aus der Zukunft kommend, ist sie zugleich Zitat aus dem SciFi-Noir-Klassiker 'It Came from Outer Space', inszeniert 1953 von einem anderen großen Arnold, dem B-Movie-Wizard Jack Arnold.
Überhaupt, Film Noir: Jonathan Mostow, dessen Thriller 'Breakdown' 1997 Gespür fürs bedrohliche Stimmungspotenzial der Wüste und suburbaner Nicht-Orte bewies, nutzt auch bei der Regie von T3 die Un-Heimeligkeit von Vorstadt und Stadtautobahn, einer Cocktailbar am Wüstenrand, einer nachts ausgestorbenen Einkaufsstraße oder einer düsteren Tierklinik, in der alle Figuren zu einander finden. Wenig geblieben ist dagegen vom vulgärmaterialistischen High Concept-Styling James Camerons, der in T1, T2 oder 'Titanic' die 'Synästhetik des Stahls' – dessen Sound, Härte, Hitze oder bildprägende Blauheit – höchst plastisch inszeniert hatte. Ähnliches gilt für die Schauwerte des Morphing, jener digitalen Bildtechnologie, die 1991 anhand des Flüsssigmetall-Terminators in T2 ihren ersten großen Kino-Auftritt hatte.
An Arnolds diesmaliger Gegnerin – Kristanna Loken, hauptberuflich Model, in der Rolle der Terminatrix – zeigt sich, dass nicht nur Morphs passé oder gar konventioneller Standard sind (weshalb die sich als ostentativ 'analoge' Materialschlachten gebärdenden Actionszenen bessere Figur machen). Ebenso sind – da kann T3 noch so sehr die 'Rebellion der Maschinen' beschwören – intelligente Maschinen heute Alltagsphänomene, kaum tauglich als Bedrohungsbilder wie noch anno 91, als das Terminatoren-Duell zwischen Kraftmaschine und Gestaltwandler als Allegorie eines Übergangs vom disziplinierten Fabrik-System zum flexiblen digital capitalism erschien (und ich meine Falter-Rezension von 'Terminator 2' noch mechanisch auf Papier tippte).
Eine schwache Antagonistin ist die in Nappa-Leder herumstöckelnde Terminatrix auch deshalb, weil sie Gender-politisch zu spät kommt: Sie bleibt bloße Repertoirefigur neben den Girl-Power-Schwundformen von Lara Croft oder den drei Ekeln für Charlie. Überdies ist der Kampf des Good Old Terminator gegen eine Frau nur die pflichtgemäße, mehr sexistische denn spektakuläre Verbuchstäblichung jener Identitätskrisen patriarchaler Männlichkeitsentwürfe, die Schwarzeneggers Figuren von 'Conan', 'Predator' und 'Twins' bis zu seinem Schwanger- respektive Geklont-Werden in 'Junior' und 'The Sixth Day' physisch und affektiv ausagiert haben. Soll heißen: Dem Terminator haftete immer schon etwas vom Hudrinator an. Wenn Arnold in T3 beim Herumdoktern an seinem Body meint, die Terminatrix sei stärker und schneller und er selbst ein veraltetes Modell, dann ist solche Selbstreflexion von männlichem Masochismus zu redundant, um lustig zu sein.
Angesichts der bloß als Negativ-Verkörperung von Arnolds Alterungsprozess ('It is time'…) fungierenden Terminatrix fällt das Fehlen von Sarah Connor schmerzlich auf. Gespielt von Linda Hamilton, die in T1 als pummeliges girl-in-distress angetreten war und sich für T2 beeindruckende Kräfte und Geschmeidigkeit antrainiert hatte, war diese Figur dem Bodybuilder und dem Gestaltwandler ebenbürtig. Als toughe alleinerziehende Mutter des Weltretters, die im Kampfanzug und mit Gewalt den Atomkrieg verhindert, war Sarah Connor – neben Clarice Starling in 'Silence of the Lambs' und Ellen Ripley in 'Aliens' und 'Alien3' – ein zwiespältiges feministisches Role-Model. Zugleich war sie Ikone neuer Spielräume der Selbstermächtigung und für Reform-Optionen innerhalb einer Unterhaltungsindustrie, deren traditionell 'männlichstes' Genre, der Actionfilm, sich um 1990 öffnete, um zum Universalmedium des zeitgenössischen Blockbusters zu werden.
In T3 ist Sarah tot. Die Inschrift auf ihrem Sarg 'Not fate but what we make' wäre als Relikt aus den frühen Neunzigern im Judith Butlerschen, Gender-konstruktivistischen Sinn lesbar; im Gefüge von T3 ist der Spruch Teil eines Weltbildes, das der Filmbeginn in höchster Verdichtung formuliert: Wir seien Schmied unseres Schicksals, sagt John Connors Stimme, während eine Atombombe Los Angeles ausradiert und die von Maschinen regierte Zukunft einleitet. Die in T2 erkämpfte Abwendung des Weltuntergangs entpuppt sich als bloße Verzögerung, und der Terminator ist hier wieder ganz 'Beender' und wandelndes memento mori: Er gemahnt an unsere Endlichkeit, an eine düstere Zukunft und daran, dass der Spaß vorbei ist: 'It is time!'
In seinem Beharren darauf, dass die stets imaginierte Katastrophe schicksalsgleich eintreten und die Vorbereitung auf den Kampf danach zum einzigen Spielraum wird, ist T3 ein waschechter Post-911-Film. Da leuchten US-Fahnen, und die Läuterung John Connors (ein fehlbesetzter Kuschelbär mit dem passenden Namen Nick Stahl) vom alkoholsüchtigen Versager zum charismatischen Führer erinnert an Bush juniors rising to the occasion. Die Herrschaft der Vergangenheit über die Zukunft scheint perfekt, wenn ein väterlicher Air Force-General dafür sorgt, dass Connor und künftige Gemahlin den 'Judgment Day' in einem alten Atombunker des Militärs überleben: Die Kalten Krieger hatten immer schon Recht mit ihrer Vorsorge, und anstelle des offenen Highway von 1991 endet T3 mit dem Bunkerkorridor.
Hasta la vista, baby! In T2 hatte der Terminator lockere Sprüche und Umgangsformen von einem Teenager gelernt, der im Public Enemy-T-Shirt Bankomaten knackte. Camerons Film war fast ein Blockbuster-Pendant zeitgenössischer hood-movies, ein vage antiautoritärer Film, der Los Angeles als multikulturelles Biotop und (im Jahr des Rodney King-beating) den Antagonisten in Polizeiuniform zeigte. In T3 ist es der Terminator, der die Lehren erteilt; er verkörpert einen Zwang zur Anerkennung von Endlichkeit, aus dem sich diesmal nicht das (zaghafte) Ausloten virtueller Lebensentwürfe ableitet wie 1991, sondern reine Disziplinierung als ödipale Initiation: Der Krieg wird kommen, du wirst dich in ihm bewähren und gefälligst eine Familie gründen.
Sein jeweiliges Leder-Outfit besorgt sich der Terminator 1984 von einem Punk, 1991 von einem Motorrad-Rocker und 2003 von einem schwulen Striptänzer. Wenn Arnold kurz eine Elton John-Sternchen-Sonnenbrille aufsetzt, dann ist das Höhe- und Endpunkt der subkulturellen Kostümierungen und Identitätsentgrenzungen, die frühere Schwarzenegger-Filme als ihr gleichsam überschüssiges Befreiungsmoment mit artikuliert haben. Ab dann ist der Spaß vorbei. It is time.
Dieser Text ist zuerst erschienen in: Falter 30, Wien, Juli 2003