Die Geschichte Lailas, einer italienischen Partisanin im Apennin, 1943/44. Sie erzählt, ohne dass ihr jemand dreinredet, auch nicht der Regisseur dieses Dokumentarfilms. Keine Off-Kommentare, keine Interviewstimme, keine musikalische Untermalung. Aber Unterfeldwebel Annita Malavasi, genannt Laila, pur.
Selten habe ich jemanden so präsent erlebt wie diese jetzt fast 90jährige, die, damals 23 Jahre alt, selbst entschied, in die Berge um Reggio Emilia zu gehen und schließlich Kommandantin des Nachrichtendienstes der Brigade zu werden. Niemand hatte ihr gesagt, dass sie das tun müsse. Dass das „wichtig“ sei. Sie folgte keinem Aufruf. Keiner inneren oder sonstigen Stimme. Am 20. September 1943, unvorbereitet vom Bündniswechsel der Achsenmacht Italien, war sie zunächst „ratlos wie alle“, bis sie ein Erlebnis hatte, das ihr unter die Haut ging. Ein deutscher Soldat lässt sie nicht in ihr Haus. „Aber das ist mia casa!!“ Sie ist empört. Ihre Emanzipationsgeschichte beginnt. Sie leistet Widerstand nicht nur gegen die feindlichen Soldaten, sondern zugleich gegen die Männergesellschaft, in der sie lebt. Machos alle. Sie wird die Verlobung aufkündigen. Sie wird statt der Familie den politischen Kampf wählen, d.h. nach dem Krieg die partita communista.
Wohlgemerkt sind es nicht Belehrungen und Argumente, die sie bewegen, sondern das, was ihr persönlich widerfährt. Sie soll die Schuhe ihres Bruders putzen? „Der ist doch Student!“ – Tschüss, ihr Machos. „Das erste, was der Kommandant der Partisanen zu mir sagte, war: ‚Hier bist du weder Mann noch Frau, sondern ein Partisan. Du hast dieselben Rechte und Pflichten wie alle anderen.'
Regisseur Eric Esser (MakeShiftMovies, AG DOK) hat die (leider) seltene Gabe, zuhören zu können. Das Parlare des „Geschenkt wurde uns nichts“ ist von ihm geradezu liebevoll unterfüttert mit Fotos und kurzen Filmausschnitten aus dem regionalen italienischen Resistenza-Archiv. Anders ausgedrückt: diese Fähigkeit, sich an dem, was er aufgenommen hat, als Mitwirkenden zu begreifen – und nicht, ich übertreib mal, machohaft darüber zu verfügen –, zeichnet Eric Esser aus. Ein aufrichtiger, freundschaftlicher Dokumentarfilm.