Will Ferrell wird alt. Das ist für einen Filmkomiker an sich kein Problem; Hans Moser oder Louis de Funès wurden mit fünfzig erst warm. Bei dem 2013 gar vom Wiener Filmfestival Viennale mit Retro und Gala-Auftritt gewürdigten und ja auch tatsächlich sehr superen Ferrell aber ist unklar, wie’s nun weitergehen soll: Sein seit gut zehn Jahren angestammtes Rollenfach – Machokind, das so rücksichtslos wie selbstmitleidig seine Bubengelüste auslebt – wird ihm langsam eng und der damit verbundene Slapsticklevel unhaltbar. Geht’s nun weiter mit more of the same, nur schwächer wie in 'Anchorman II'? Mit Hirnsausenskonzeptkomik wie im Genre-Spanisch von 'Casa de mi padre'? Oder formlos, aber durchaus nicht reizlos wie in 'Get Hard'?
Statt des Supertyps nah am Wasser gibt Ferrell da den gezierten Zyniker: einen Kapitalanlageexperten mit Eliteuni-Ausbildung, vornehmen Manieren und einem Tageseinkommen von ,,enough money to choke a baby'. Als ihm nach einer Betrugsanklage eine Haftstrafe droht, hat er Angst, als Softie im Häfen (so heißt der Knast auf Wienerisch) ständig durchgestrudelt zu werden; also engagiert er zwecks Vorbereitung auf harte Zeiten und Schwänze, die da auf ihn zukommen, einen 'Knastcoach' (so der Synchrontitel, in Ösistan nicht als 'Häfencoach' im Verleih). Hartwerden ist auch nur ein Werden: Das lehrt ihn nun also sein Trainer.
Zweierlei Panik wird da reflexiv ausgestellt (nicht ausagiert, das ist wichtig): homophobe Arschfickangst und vor allem Projektionen von White America auf people of color. Das weiße Weichei mit dem aus lauter Klassendünkel harten Herzen ist überzeugt davon, dass sein schwarzer Autowäscher Gang- und Knasterfahrung hat; also steigt der biedere Reinigungskleinunternehmer und Familienvater, froh über den Coachingjob bei dem reichen Klienten, auf das ihm zugeschriebene Blackness-Gangster-Stereotyp ein und spielt seinerseits die Rolle dessen, der so badass-mäßig hart ist, dass er einen Villenbewohner optimal auf dessen Gangster-Rollenspiel vorbereiten kann.
Es folgt eine lange Montagesequenz von einem Film: Anekdotisches in improvisierten Dekorationen mit dem hauseigenen Tennisplatz als Gefängnishof, dem Weinkeller als Einzelzelle, simulierter prison riot mit Strobo-Licht etc. Weiters allerlei Roleplaying (auch mit dem Latino/Latina-Hauspersonal), das nicht immer wahnsinnig lustig ist, sowie manch luzide rassismuskritische Pointe. Es wird gemunkelt, die Vorstellung seitens weißer Amis, ihre schwarzen Mitbürger, zumal männliche, seien sämtlich kriminell, gefährlich und entsprechend vorauseilend hart zu behandeln, gäbe es wirklich – an sagenumwobenen Orten wie Ferguson oder Baltimore. Jedenfalls: Die Szene, in der Ferrell am Steuer seines fetten Wagens vor Selbstviktimisierungspanik endlos ausflippt, als sein Autowäscher im Büroparkhaus an sein Seitenfenster klopft, um ihn was zu fragen, hat fast soviel Format und Verdichtungsqualität wie der lakonische Gag in dem tollen Will Ferrell-Mark Wahlberg-Vehikel 'The Other Guys' (2010), als zwei weiße Cops (nochmal zwei andere, nicht die Titelhelden) in einer Schule den Kindern Lebensratschläge geben und dabei meinen: 'You wanna know how to stay out of prison? Try your best not to be Black or Hispanic! That’s good advice!'
'Get Hard' hat einen gedoppelten Personality-Makeover-Plot, und das im Titel benannte Hartwerden hat hier gar dreierlei Sinn: Es bezieht sich auf die Kultivierung eines Herzens aus Stein (oder Gold, weil Gold in Euro-Krisen-Zeiten mehr wert ist als Stein), auf das Einüben eines Kämpferhabitus‘ – und schließlich auf das mühsame Performen maskuliner Geilheit, ob nun anfangs mit der Tochter vom Chef (samt Ferrells bzw. seines butt doubles Popo-Print auf der Glasscheibe zur Veranda) oder später beim Fellatiotraining im Brunft-Brunch-Bistro. Das coachende Gegenüber des baumlangen Ferrell wird gespielt von Kevin Hart, einem Mann mit passendem Namen und passendem Kleinwuchs. Der Regisseur des Films hat am tollen 'Tropic Thunder' mitgeschrieben, heißt Etan Cohen und meint das vielleicht auch noch ironisch.
Das alles gibt schon was her: zwar nicht enough to choke baby, aber es reicht bis zum Capoeira-Showdown. Und der ist zwar nicht auf dem Spitzenniveau von 'Blades of Glory' oder 'Stepbrothers', aber was soll’s; 'Cititzen Kane' kommt auch nicht alle fünf Jahre. Das moralische Einmünden in Family- und Familien-Kleinkapital-Values ist verzichtbar. Der hässliche Look des Films – Ferrells Hausregisseur Adam McKay hätte sowas nie zugelassen – geht zur Not als Nineties-Retro durch, Ferrells rötlich aufgedunsene Haut als eine Form subtiler grossout-Komik mit Whiteness-satirischer Note.