Nicht von ungefähr sind die Vorspann-Titel dieses Films mit Tierportraits unterlegt. Der Mensch ist eine Bestie, will uns das bedeuten. Folglich ist „Wild Tales“ „ein Film über Menschen, die explodieren“, so die Werbung zu diesem „erfolgreichsten argentinischen Film aller Zeiten“. Und deshalb geht es in dem aus sechs eigenständigen Geschichten zusammengesetzten Episodenfilm hauptsächlich um Rache, die aus scheinbar nichtigen oder nebensächlichen Anlässen entsteht, einen offenen Schlagabtausch auslöst und nach zahlreichen findigen Wendungen in einem oft blutigen, manchmal unappetitlichen, immer aber recht drastischen Finale kulminiert. Das ist relativ schematisch und ohne inhaltliche Vertiefung auf eine Pointe hin erzählt, produziert dort, wo Regisseur Damián Szifrón maßlos übertreibt, absurde Komik und formuliert zugleich den Anspruch, nicht nur die menschliche Natur, sondern auch die gegenwärtige argentinische Gesellschaft zu beleuchten.
Das gelingt noch am besten in der „Bombita“ betitelten Episode, in der ein von Schauspielstar Ricardo Darín gespielter Sprengmeister namens Simon Fisher in die Mühlen korrupter Behörden gerät und darin förmlich zerrieben wird. Was mit einem nicht ganz rechtmäßig abgeschleppten Auto, Strafgebühren und einem verpassten Kindergeburtstag beginnt, mündet schließlich in einer Ehescheidung, einem hasserfüllten Bombenattentat und einem märchenhaften Ende im Gefängnis. Die Ironie soll natürlich das letztlich Unwahrscheinliche dieser Heldendgeschichte abmildern. Die Stärken dieser Fabel über bürokratische Ungerechtigkeit liegen aber in ihrer kleinteiligen Binnenstruktur, wo ein negatives Erlebnis gleich eine ganze Reihe fataler Zwischenfälle miteinander verknüpft. Damián Szifrón verarbeitet hier seine „Probleme mit Autorität“ und sein „Abscheu“ vor „enormen Zwängen“.
Zu diesen „beengenden Angelegenheiten“ gehören für den argentinischen Regisseur auch Hochzeiten, weshalb er die zunächst harmlos und konventionell beginnende Hochzeitsfeier in der Schlussepisode „Bis dass der Tod uns scheidet“ in einen regelrechten Hochzeitskrieg ausarten lässt, der handgreiflich und höchst emotional ausgetragen wird. Das schockt die Gäste und amüsiert die Zuschauer und ist darauf aus, Einsichten in menschliche Verhaltensweisen mit einem kathartischen Effekt zu verbinden. Szifróns durchgehende Thriller-Dramaturgie folgt auch hier dem bewährten Erzählmuster einer permanenten Eskalation: Aus der Mücke wird ein Elefant, aus der gemeinen Provokation ein großer Krieg und aus dem leisen Verdacht ein lautes Spektakel, das im günstigsten Fall Triebe abführt respektive reguliert und durch das schrille Getöse hindurch ein paar Körnchen Wahrheit sickern lässt.