„Ort des blauen Nebels“ nennen die nordamerikanischen Cherokee-Indianer die Smoky Mountains in North Carolina. Und wenn man die ersten, in Cinemascope gedrehten Bilder von Susanne Biers neuem Film „Serena“ sieht, versteht man auch ein bisschen warum: Durch die sanft geschwungenen Täler dieser majestätischen Waldlandschaft wallen dicke Nebel in einem dämmrigen Licht und verbinden Himmel und Erde. Eine große Stille liegt über der Natur, die jedoch längst nicht mehr unberührt ist. Wir schreiben das Jahr 1929 und die Holzfäller des ehrgeizigen, aber verschuldeten Unternehmers George Pemperton (Bradley Cooper) sind dabei, ihr ebenso intensives wie gefährliches Werk zu verrichten. Der sogenannte Fortschritt schlägt wüste Schneisen in die Naturidylle. Profitgier, sagen die Kritiker, zerstöre die göttliche Schöpfung, die durch einen Park bewahrt werden soll. Und der Puma ist fast schon ausgerottet.
Doch die dänische Regisseurin und Oscar-Preisträgerin Susanne Bier, die mit „Serena“ erneut eine amerikanische Produktion gestemmt hat, lässt diesen Konflikt relativ unentwickelt und benutzt ihn eher als symbolischen Aufhänger. Auch die wirtschaftlichen Zusammenhänge und betrügerischen Machenschaften, in die der männliche, nicht ohne Gewissensbisse agierende Held, der als Jäger eingeführt wird, verstrickt ist, bleiben unscharf. Stattdessen widmet sich die einstige Dogma-Filmerin mit leidenschaftlicher Wucht einem sehr konventionell inszenierten, mit bekannten Motiv-Versatzstücken vollgepackten Liebesdrama, das seine Spannungsmomente mitunter allzu übereilt ausspielt und die Glaubwürdigkeit dabei großzügig vernachlässigt. Das ist altmodisches Hollywood-Kino, mit tragödienhaftem Furor thematisch aufgespannt zwischen Trauma und Liebeswahnsinn, Schuld und Strafe.
Wenn sich die ebenso schöne wie seelisch verwundete Serena (Jennifer Lawrence), eine Inkarnation der blonden Verführerin und gefährlichen Frau, und der hinter ihr her jagende George zum ersten Mal begegnen, reitet sie in roter Bluse auf einem Schimmel. „Ich glaube, wir sollten heiraten“, lauten die ersten Worte, die er an sie richtet. Und eine Szene später ist das schon ins Werk gesetzt. Bald leitet Serena, die selbst aus einer Holzfällerdynastie stammt und deshalb eine Menge Fachwissen mitbringt, zusammen mit George die Firma, wirkt in der rauen Männerwelt aber auffallend deplatziert. Das weckt Neid und Eifersucht, gefolgt von mörderischer Rache, Schuldgefühlen und Entzweiung. Ein unheilvolles Schicksal determiniert die Figuren und muss die Geschichte erfüllen. Weshalb Susanne Bier das tragische (Liebes-)Geschick ihrer beiden Helden außerdem mit den übersinnlichen Fähigkeiten eines unheimlichen Fährtenlesers (Rhys Ifans) verbindet.