Zwei Teile und ein Epilog, jeweils in zahlreiche Kapitel gegliedert, bilden die Erzählstruktur von Sébastien Betbeders tragikomischem Film „2 automnes trois hivers“ („2 Herbste 3 Winter“). Die Nebenordnung und das Episodische fungieren zugleich als Erzählprinzip der locker verknüpften Handlung, in deren Mittelpunkt hauptsächlich die Protagonisten Arman, Amélie und Benjamin stehen. Diese wiederum erzählen und reflektieren in Monologen, Anekdoten und Erinnerungen die Geschichten und dazugehörenden Hintergründe ihrer Begegnung. Manchmal richten sich die sympathischen Helden dabei direkt an den Zuschauer und durchbrechen so die Illusion. Verspielt und originell wechselt Betbeder dabei zwischen On und Off, Raum und Zeit und erzeugt dadurch über alle chronologischen Sprünge hinweg eine Dichte, die sich vor allem seinem starken Text verdankt. Dessen literarische Qualität basiert auf einem melancholischen, in lockerem Tonfall vorgetragenen Humor.
„Es muss etwas passieren“, lautet eine der ersten, manchmal prosaischen, manchmal poetischen Kapitelüberschriften. Und kurz darauf – es ist der Herbst des Jahres 2009 – stoßen der 33-jährige Arman (Vincent Macaigne) und die 27-jährige Amélie (Maud Wyler) beim Joggen im Park regelrecht zusammen. Es ist Liebe auf den ersten Blick. Doch „2 Samstage, 2 Sonntage“ vergeblichen Wartens deuten an, dass sich die beiden vorerst nicht wiederbegegnen werden. Dafür kommt Benjamin (Bastien Boullion), Armans Freund von der Kunstakademie, ins Spiel. Und kurz darauf widerfährt den beiden, fast zeitgleich, ein großes Unglück, das sie jeweils mit der Grenze des Lebens („Weiß. Austritt aus dem Körper No. 1) in Berührung bringt, dann aber glücklicherweise für jeden von ihnen in einer Liebesbeziehung mündet. Arman und Amélie werden also doch noch ein Paar; und Benjamin verliebt sich in seine Logopädin Katja (Audrey Bastien). Später fahren die befreundeten Paare gemeinsam in die Schneeferien.
Bevor sich Amélie und Arman zum ersten Mal umarmen und küssen, sitzen die beiden wie einst Vincent Lindon und Sandrine Kiberlain in Stéphane Brizés Film „Mademoiselle Chambon“ auf einem Sofa und lauschen einer Musik, bis sie von der Spannung verlegener Blicke und körperlicher Zuneigung überwältigt werden. Immer wieder spielt Sébastien Betbeder ebenso lustvoll wie ironisch mit Zitaten und lässt seine Helden dabei über Eugène Green („Le monde vivant“) und Robert Bresson („Vier Nächte eines Träumers“), Judd Apatow („Wie das Leben so spielt“) und Alain Tanner („Der Salamander“) oder auch eine Edvard Munch-Ausstellung kommunizieren. Das verleiht seinem schönen Film über die unsicher vorantastende Suche nach Liebe und einen Platz im Leben eine ganz selbstverständliche Leichtigkeit. Zugleich vermittelt Betbeder mit seiner stilistischen Reminiszenz an die Nouvelle Vague sein filmästhetisches Selbstverständnis, das sich für seinen formalistischen Ansatz gleichermaßen auf Wes Anderson, Marguerite Duras und Alain Resnais beruft.